Nachbarschaft zu besuchen. Diesseits und jen¬ seits des Rheins, in Hagenau, Fort-Louis, Philippsburg, der Ortenau, fand ich die Per¬ sonen zerstreut, die ich in Sesenheim verei¬ nigt gesehn, jeden bey sich, als freundlichen Wirth, gastfrey und sogern Küche und Keller als Gärten und Weinberge, ja die ganze Gegend aufschließend. Die Rheininseln waren denn auch öfters ein Ziel unserer Wasserfahrten. Dort brachten wir ohne Barmherzigkeit die kühlen Bewohner des klaren Rheines in den Kessel, auf den Rost, in das siedende Fett, und hätten uns hier, in den traulichen Fischerhüt¬ ten, vielleicht mehr als billig angesiedelt, hät¬ ten uns nicht die entsetzlichen Rheinschnaken nach einigen Stunden wieder weggetrieben. Ueber diese unerträgliche Störung einer der schönsten Lustpartieen, wo sonst alles glückte, wo die Neigung der Liebenden mit dem guten Erfolge des Unternehmens nur zu wachsen schien, brach ich wirklich, als wir zu früh, ungeschickt und ungelegen nach Hause kamen,
Nachbarſchaft zu beſuchen. Dieſſeits und jen¬ ſeits des Rheins, in Hagenau, Fort-Louis, Philippsburg, der Ortenau, fand ich die Per¬ ſonen zerſtreut, die ich in Seſenheim verei¬ nigt geſehn, jeden bey ſich, als freundlichen Wirth, gaſtfrey und ſogern Kuͤche und Keller als Gaͤrten und Weinberge, ja die ganze Gegend aufſchließend. Die Rheininſeln waren denn auch oͤfters ein Ziel unſerer Waſſerfahrten. Dort brachten wir ohne Barmherzigkeit die kuͤhlen Bewohner des klaren Rheines in den Keſſel, auf den Roſt, in das ſiedende Fett, und haͤtten uns hier, in den traulichen Fiſcherhuͤt¬ ten, vielleicht mehr als billig angeſiedelt, haͤt¬ ten uns nicht die entſetzlichen Rheinſchnaken nach einigen Stunden wieder weggetrieben. Ueber dieſe unertraͤgliche Stoͤrung einer der ſchoͤnſten Luſtpartieen, wo ſonſt alles gluͤckte, wo die Neigung der Liebenden mit dem guten Erfolge des Unternehmens nur zu wachſen ſchien, brach ich wirklich, als wir zu fruͤh, ungeſchickt und ungelegen nach Hauſe kamen,
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Nachbarſchaft zu beſuchen. Dieſſeits und jen¬
ſeits des Rheins, in Hagenau, Fort-Louis,
Philippsburg, der Ortenau, fand ich die Per¬
ſonen zerſtreut, die ich in Seſenheim verei¬
nigt geſehn, jeden bey ſich, als freundlichen
Wirth, gaſtfrey und ſogern Kuͤche und Keller
als Gaͤrten und Weinberge, ja die ganze
Gegend aufſchließend. Die Rheininſeln waren
denn auch oͤfters ein Ziel unſerer Waſſerfahrten.
Dort brachten wir ohne Barmherzigkeit die
kuͤhlen Bewohner des klaren Rheines in den
Keſſel, auf den Roſt, in das ſiedende Fett, und
haͤtten uns hier, in den traulichen Fiſcherhuͤt¬
ten, vielleicht mehr als billig angeſiedelt, haͤt¬
ten uns nicht die entſetzlichen Rheinſchnaken
nach einigen Stunden wieder weggetrieben.
Ueber dieſe unertraͤgliche Stoͤrung einer der
ſchoͤnſten Luſtpartieen, wo ſonſt alles gluͤckte,
wo die Neigung der Liebenden mit dem guten
Erfolge des Unternehmens nur zu wachſen
ſchien, brach ich wirklich, als wir zu fruͤh,
ungeſchickt und ungelegen nach Hauſe kamen,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/50>, abgerufen am 18.12.2024.
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