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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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dert von den Göttern, von seiner Werkstätte
aus eine Welt bevölkerte. Ich fühlte recht
gut, daß sich etwas Bedeutendes nur produ¬
ciren lasse, wenn man sich isolire. Meine
Sachen, die so viel Beyfall gefunden hat¬
ten, waren Kinder der Einsamkeit, und seit¬
dem ich zu der Welt in einem breitem Ver¬
hältniß stand, fehlte es nicht an Kraft und
Lust der Erfindung, aber die Ausführung
stockte, weil ich weder in Prosa noch in Ver¬
sen eigentlich einen Stil hatte, und bey ei¬
ner jeden neuen Arbeit, je nachdem der Ge¬
genstand war, immer wieder von vorne ta¬
sten und versuchen mußte. Indem ich nun
hierbey die Hülfe der Menschen abzulehnen
ja auszuschließen hatte, so sonderte ich mich,
nach Prometheischer Weise, auch von den
Göttern ab, um so natürlicher, als bey mei¬
nem Character und meiner Denkweise Eine
Gesinnung jederzeit die übrigen verschlang und
abstieß.

dert von den Goͤttern, von ſeiner Werkſtaͤtte
aus eine Welt bevoͤlkerte. Ich fuͤhlte recht
gut, daß ſich etwas Bedeutendes nur produ¬
ciren laſſe, wenn man ſich iſolire. Meine
Sachen, die ſo viel Beyfall gefunden hat¬
ten, waren Kinder der Einſamkeit, und ſeit¬
dem ich zu der Welt in einem breitem Ver¬
haͤltniß ſtand, fehlte es nicht an Kraft und
Luſt der Erfindung, aber die Ausfuͤhrung
ſtockte, weil ich weder in Proſa noch in Ver¬
ſen eigentlich einen Stil hatte, und bey ei¬
ner jeden neuen Arbeit, je nachdem der Ge¬
genſtand war, immer wieder von vorne ta¬
ſten und verſuchen mußte. Indem ich nun
hierbey die Huͤlfe der Menſchen abzulehnen
ja auszuſchließen hatte, ſo ſonderte ich mich,
nach Prometheiſcher Weiſe, auch von den
Goͤttern ab, um ſo natuͤrlicher, als bey mei¬
nem Character und meiner Denkweiſe Eine
Geſinnung jederzeit die uͤbrigen verſchlang und
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[476/0484] dert von den Goͤttern, von ſeiner Werkſtaͤtte aus eine Welt bevoͤlkerte. Ich fuͤhlte recht gut, daß ſich etwas Bedeutendes nur produ¬ ciren laſſe, wenn man ſich iſolire. Meine Sachen, die ſo viel Beyfall gefunden hat¬ ten, waren Kinder der Einſamkeit, und ſeit¬ dem ich zu der Welt in einem breitem Ver¬ haͤltniß ſtand, fehlte es nicht an Kraft und Luſt der Erfindung, aber die Ausfuͤhrung ſtockte, weil ich weder in Proſa noch in Ver¬ ſen eigentlich einen Stil hatte, und bey ei¬ ner jeden neuen Arbeit, je nachdem der Ge¬ genſtand war, immer wieder von vorne ta¬ ſten und verſuchen mußte. Indem ich nun hierbey die Huͤlfe der Menſchen abzulehnen ja auszuſchließen hatte, ſo ſonderte ich mich, nach Prometheiſcher Weiſe, auch von den Goͤttern ab, um ſo natuͤrlicher, als bey mei¬ nem Character und meiner Denkweiſe Eine Geſinnung jederzeit die uͤbrigen verſchlang und abſtieß.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/484>, abgerufen am 23.11.2024.