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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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gut als die klügsten der übrigen Anhänger,
fest überzeugt gewesen, daß Christus sich als
Regent und Volkshaupt erklären werde, und
habe das bisher unüberwindliche Zaudern des
Herrn mit Gewalt zur That nöthigen wollen,
und deswegen die Priesterschaft zu Thätlich¬
keiten aufgereizt, welche auch diese bisher nicht
gewagt. Von der Jünger Seite sey man
auch nicht unbewaffnet gewesen, und wahr¬
scheinlicher Weise wäre alles gut abgelaufen,
wenn der Herr sich nicht selbst ergeben
und sie in den traurigsten Zuständen zurückge¬
lassen hätte. Ahasverus, durch diese Erzäh¬
lung keineswegs zur Milde gestimmt, verbit¬
tert vielmehr noch den Zustand des armen
Exapostels, so daß diesem nichts übrig bleibt,
als in der Eile sich aufzuhängen.

Als nun Jesus vor der Werkstatt des
Schusters vorbey zum Tode geführt wird,
ereignet sich gerade dort die bekannte Scene,
daß der Leidende unter der Last des Kreuzes

gut als die kluͤgſten der uͤbrigen Anhaͤnger,
feſt uͤberzeugt geweſen, daß Chriſtus ſich als
Regent und Volkshaupt erklaͤren werde, und
habe das bisher unuͤberwindliche Zaudern des
Herrn mit Gewalt zur That noͤthigen wollen,
und deswegen die Prieſterſchaft zu Thaͤtlich¬
keiten aufgereizt, welche auch dieſe bisher nicht
gewagt. Von der Juͤnger Seite ſey man
auch nicht unbewaffnet geweſen, und wahr¬
ſcheinlicher Weiſe waͤre alles gut abgelaufen,
wenn der Herr ſich nicht ſelbſt ergeben
und ſie in den traurigſten Zuſtaͤnden zuruͤckge¬
laſſen haͤtte. Ahasverus, durch dieſe Erzaͤh¬
lung keineswegs zur Milde geſtimmt, verbit¬
tert vielmehr noch den Zuſtand des armen
Exapoſtels, ſo daß dieſem nichts uͤbrig bleibt,
als in der Eile ſich aufzuhaͤngen.

Als nun Jeſus vor der Werkſtatt des
Schuſters vorbey zum Tode gefuͤhrt wird,
ereignet ſich gerade dort die bekannte Scene,
daß der Leidende unter der Laſt des Kreuzes

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[471/0479] gut als die kluͤgſten der uͤbrigen Anhaͤnger, feſt uͤberzeugt geweſen, daß Chriſtus ſich als Regent und Volkshaupt erklaͤren werde, und habe das bisher unuͤberwindliche Zaudern des Herrn mit Gewalt zur That noͤthigen wollen, und deswegen die Prieſterſchaft zu Thaͤtlich¬ keiten aufgereizt, welche auch dieſe bisher nicht gewagt. Von der Juͤnger Seite ſey man auch nicht unbewaffnet geweſen, und wahr¬ ſcheinlicher Weiſe waͤre alles gut abgelaufen, wenn der Herr ſich nicht ſelbſt ergeben und ſie in den traurigſten Zuſtaͤnden zuruͤckge¬ laſſen haͤtte. Ahasverus, durch dieſe Erzaͤh¬ lung keineswegs zur Milde geſtimmt, verbit¬ tert vielmehr noch den Zuſtand des armen Exapoſtels, ſo daß dieſem nichts uͤbrig bleibt, als in der Eile ſich aufzuhaͤngen. Als nun Jeſus vor der Werkſtatt des Schuſters vorbey zum Tode gefuͤhrt wird, ereignet ſich gerade dort die bekannte Scene, daß der Leidende unter der Laſt des Kreuzes

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/479>, abgerufen am 23.11.2024.