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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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rauchter Pfeife, sogleich wieder aufschlug, und
jedesmal mit den ersten Zügen die Luft un¬
erträglich verpestete. Ich nannte dieses Prä¬
parat Basedowschen Stinkschwamm, und
wollte ihn unter diesem Titel in der Natur¬
geschichte eingeführt wissen; woran er großen
Spaß hatte, mir die widerliche Bereitung,
recht zum Ekel, umständlich auseinandersetzte,
und mit großer Schadenfreude sich an mei¬
nem Abscheu behagte. Denn dieses war eine
von den tiefgewurzelten üblen Eigenheiten des
so trefflich begabten Mannes, daß er gern
zu necken und die Unbefangensten tückisch an¬
zustechen beliebte. Ruhen konnte er Niemand
sehn; durch grinsenden Spott mit heiserer
Stimme reizte er auf, durch eine überra¬
schende Frage setzte er in Verlegenheit, und
lachte bitter, wenn er seinen Zweck erreicht
hatte, war es aber wohl zufrieden, wenn
man, schnell gefaßt, ihm etwas dagegen
abgab.

rauchter Pfeife, ſogleich wieder aufſchlug, und
jedesmal mit den erſten Zuͤgen die Luft un¬
ertraͤglich verpeſtete. Ich nannte dieſes Praͤ¬
parat Baſedowſchen Stinkſchwamm, und
wollte ihn unter dieſem Titel in der Natur¬
geſchichte eingefuͤhrt wiſſen; woran er großen
Spaß hatte, mir die widerliche Bereitung,
recht zum Ekel, umſtaͤndlich auseinanderſetzte,
und mit großer Schadenfreude ſich an mei¬
nem Abſcheu behagte. Denn dieſes war eine
von den tiefgewurzelten uͤblen Eigenheiten des
ſo trefflich begabten Mannes, daß er gern
zu necken und die Unbefangenſten tuͤckiſch an¬
zuſtechen beliebte. Ruhen konnte er Niemand
ſehn; durch grinſenden Spott mit heiſerer
Stimme reizte er auf, durch eine uͤberra¬
ſchende Frage ſetzte er in Verlegenheit, und
lachte bitter, wenn er ſeinen Zweck erreicht
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[421/0429] rauchter Pfeife, ſogleich wieder aufſchlug, und jedesmal mit den erſten Zuͤgen die Luft un¬ ertraͤglich verpeſtete. Ich nannte dieſes Praͤ¬ parat Baſedowſchen Stinkſchwamm, und wollte ihn unter dieſem Titel in der Natur¬ geſchichte eingefuͤhrt wiſſen; woran er großen Spaß hatte, mir die widerliche Bereitung, recht zum Ekel, umſtaͤndlich auseinanderſetzte, und mit großer Schadenfreude ſich an mei¬ nem Abſcheu behagte. Denn dieſes war eine von den tiefgewurzelten uͤblen Eigenheiten des ſo trefflich begabten Mannes, daß er gern zu necken und die Unbefangenſten tuͤckiſch an¬ zuſtechen beliebte. Ruhen konnte er Niemand ſehn; durch grinſenden Spott mit heiſerer Stimme reizte er auf, durch eine uͤberra¬ ſchende Frage ſetzte er in Verlegenheit, und lachte bitter, wenn er ſeinen Zweck erreicht hatte, war es aber wohl zufrieden, wenn man, ſchnell gefaßt, ihm etwas dagegen abgab.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/429>, abgerufen am 13.05.2024.