Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

chen hat. Beyde waren gleichzeitig, bestreb¬
ten sich in ihrer Jugend mit und neben ein¬
ander. Lenz jedoch, als ein vorübergehen¬
des Meteor, zog nur augenblicklich über den
Horizont der deutschen Literatur hin und ver¬
schwand plötzlich, ohne im Leben eine Spur zu¬
rückzulassen; Klinger hingegen, als einflußrei¬
cher Schriftsteller, als thätiger Geschäftsmann,
erhält sich noch bis auf diese Zeit. Von ihm
werde ich nun ohne weitere Vergleichung, die
sich von selbst ergiebt, sprechen, in so fern es
nöthig ist, da er nicht im Verborgenen so
manches geleistet und so vieles gewirkt, son¬
dern beydes, in weiterem und näherem Kreise,
noch in gutem Andenken und Ansehn steht.

Klingers Aeußeres -- denn von diesem
beginne ich immer am liebsten -- war sehr
vortheilhaft. Die Natur hatte ihm eine
große, schlanke, wohlgebaute Gestalt und eine
regelmäßige Gesichtsbildung gegeben; er hielt
auf seine Person, trug sich nett, und man

III. 25

chen hat. Beyde waren gleichzeitig, beſtreb¬
ten ſich in ihrer Jugend mit und neben ein¬
ander. Lenz jedoch, als ein voruͤbergehen¬
des Meteor, zog nur augenblicklich uͤber den
Horizont der deutſchen Literatur hin und ver¬
ſchwand ploͤtzlich, ohne im Leben eine Spur zu¬
ruͤckzulaſſen; Klinger hingegen, als einflußrei¬
cher Schriftſteller, als thaͤtiger Geſchaͤftsmann,
erhaͤlt ſich noch bis auf dieſe Zeit. Von ihm
werde ich nun ohne weitere Vergleichung, die
ſich von ſelbſt ergiebt, ſprechen, in ſo fern es
noͤthig iſt, da er nicht im Verborgenen ſo
manches geleiſtet und ſo vieles gewirkt, ſon¬
dern beydes, in weiterem und naͤherem Kreiſe,
noch in gutem Andenken und Anſehn ſteht.

Klingers Aeußeres — denn von dieſem
beginne ich immer am liebſten — war ſehr
vortheilhaft. Die Natur hatte ihm eine
große, ſchlanke, wohlgebaute Geſtalt und eine
regelmaͤßige Geſichtsbildung gegeben; er hielt
auf ſeine Perſon, trug ſich nett, und man

III. 25
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0393" n="385"/>
chen hat. Beyde waren gleichzeitig, be&#x017F;treb¬<lb/>
ten &#x017F;ich in ihrer Jugend mit und neben ein¬<lb/>
ander. Lenz jedoch, als ein voru&#x0364;bergehen¬<lb/>
des Meteor, zog nur augenblicklich u&#x0364;ber den<lb/>
Horizont der deut&#x017F;chen Literatur hin und ver¬<lb/>
&#x017F;chwand plo&#x0364;tzlich, ohne im Leben eine Spur zu¬<lb/>
ru&#x0364;ckzula&#x017F;&#x017F;en; Klinger hingegen, als einflußrei¬<lb/>
cher Schrift&#x017F;teller, als tha&#x0364;tiger Ge&#x017F;cha&#x0364;ftsmann,<lb/>
erha&#x0364;lt &#x017F;ich noch bis auf die&#x017F;e Zeit. Von ihm<lb/>
werde ich nun ohne weitere Vergleichung, die<lb/>
&#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t ergiebt, &#x017F;prechen, in &#x017F;o fern es<lb/>
no&#x0364;thig i&#x017F;t, da er nicht im Verborgenen &#x017F;o<lb/>
manches gelei&#x017F;tet und &#x017F;o vieles gewirkt, &#x017F;on¬<lb/>
dern beydes, in weiterem und na&#x0364;herem Krei&#x017F;e,<lb/>
noch in gutem Andenken und An&#x017F;ehn &#x017F;teht.</p><lb/>
        <p>Klingers Aeußeres &#x2014; denn von die&#x017F;em<lb/>
beginne ich immer am lieb&#x017F;ten &#x2014; war &#x017F;ehr<lb/>
vortheilhaft. Die Natur hatte ihm eine<lb/>
große, &#x017F;chlanke, wohlgebaute Ge&#x017F;talt und eine<lb/>
regelma&#x0364;ßige Ge&#x017F;ichtsbildung gegeben; er hielt<lb/>
auf &#x017F;eine Per&#x017F;on, trug &#x017F;ich nett, und man<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">III. 25<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0393] chen hat. Beyde waren gleichzeitig, beſtreb¬ ten ſich in ihrer Jugend mit und neben ein¬ ander. Lenz jedoch, als ein voruͤbergehen¬ des Meteor, zog nur augenblicklich uͤber den Horizont der deutſchen Literatur hin und ver¬ ſchwand ploͤtzlich, ohne im Leben eine Spur zu¬ ruͤckzulaſſen; Klinger hingegen, als einflußrei¬ cher Schriftſteller, als thaͤtiger Geſchaͤftsmann, erhaͤlt ſich noch bis auf dieſe Zeit. Von ihm werde ich nun ohne weitere Vergleichung, die ſich von ſelbſt ergiebt, ſprechen, in ſo fern es noͤthig iſt, da er nicht im Verborgenen ſo manches geleiſtet und ſo vieles gewirkt, ſon¬ dern beydes, in weiterem und naͤherem Kreiſe, noch in gutem Andenken und Anſehn ſteht. Klingers Aeußeres — denn von dieſem beginne ich immer am liebſten — war ſehr vortheilhaft. Die Natur hatte ihm eine große, ſchlanke, wohlgebaute Geſtalt und eine regelmaͤßige Geſichtsbildung gegeben; er hielt auf ſeine Perſon, trug ſich nett, und man III. 25

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/393
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/393>, abgerufen am 11.05.2024.