aus jungen, ziemlich lärmenden Freunden, die ein alter Herr noch zu überbieten trachtete und noch wunderlicheres Zeug angab als sie aus¬ übten. Man hatte schon beym Frühstück den Wein nicht gespart; bey einem sehr wohl besetzten Mittagstische ließ man sich's an kei¬ nem Genuß ermangeln und allen schmeckte es, nach der angreifenden Leibesübung bey ziem¬ licher Wärme, um so besser, und wenn der alte Amtmann des Guten ein wenig zuviel gethan hatte, so war die Jugend nicht weit hinter ihm zurückgeblieben.
Ich war grenzenlos glücklich an Frie¬ drikens Seite; gesprächig, lustig, geistreich, vorlaut, und doch durch Gefühl, Achtung und Anhänglichkeit gemäßigt. Sie in glei¬ chem Falle, offen, heiter, theilnehmend und mittheilend. Wir schienen allein für die Gesell¬ schaft zu leben und lebten bloß wechselseitig für uns.
aus jungen, ziemlich laͤrmenden Freunden, die ein alter Herr noch zu uͤberbieten trachtete und noch wunderlicheres Zeug angab als ſie aus¬ uͤbten. Man hatte ſchon beym Fruͤhſtuͤck den Wein nicht geſpart; bey einem ſehr wohl beſetzten Mittagstiſche ließ man ſich's an kei¬ nem Genuß ermangeln und allen ſchmeckte es, nach der angreifenden Leibesuͤbung bey ziem¬ licher Waͤrme, um ſo beſſer, und wenn der alte Amtmann des Guten ein wenig zuviel gethan hatte, ſo war die Jugend nicht weit hinter ihm zuruͤckgeblieben.
Ich war grenzenlos gluͤcklich an Frie¬ drikens Seite; geſpraͤchig, luſtig, geiſtreich, vorlaut, und doch durch Gefuͤhl, Achtung und Anhaͤnglichkeit gemaͤßigt. Sie in glei¬ chem Falle, offen, heiter, theilnehmend und mittheilend. Wir ſchienen allein fuͤr die Geſell¬ ſchaft zu leben und lebten bloß wechſelſeitig fuͤr uns.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0036"n="28"/>
aus jungen, ziemlich laͤrmenden Freunden, die<lb/>
ein alter Herr noch zu uͤberbieten trachtete und<lb/>
noch wunderlicheres Zeug angab als ſie aus¬<lb/>
uͤbten. Man hatte ſchon beym Fruͤhſtuͤck den<lb/>
Wein nicht geſpart; bey einem ſehr wohl<lb/>
beſetzten Mittagstiſche ließ man ſich's an kei¬<lb/>
nem Genuß ermangeln und allen ſchmeckte es,<lb/>
nach der angreifenden Leibesuͤbung bey ziem¬<lb/>
licher Waͤrme, um ſo beſſer, und wenn der<lb/>
alte Amtmann des Guten ein wenig zuviel<lb/>
gethan hatte, ſo war die Jugend nicht weit<lb/>
hinter ihm zuruͤckgeblieben.</p><lb/><p>Ich war grenzenlos gluͤcklich an Frie¬<lb/>
drikens Seite; geſpraͤchig, luſtig, geiſtreich,<lb/>
vorlaut, und doch durch Gefuͤhl, Achtung<lb/>
und Anhaͤnglichkeit gemaͤßigt. Sie in glei¬<lb/>
chem Falle, offen, heiter, theilnehmend und<lb/>
mittheilend. Wir ſchienen allein fuͤr die Geſell¬<lb/>ſchaft zu leben und lebten bloß wechſelſeitig<lb/>
fuͤr uns.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[28/0036]
aus jungen, ziemlich laͤrmenden Freunden, die
ein alter Herr noch zu uͤberbieten trachtete und
noch wunderlicheres Zeug angab als ſie aus¬
uͤbten. Man hatte ſchon beym Fruͤhſtuͤck den
Wein nicht geſpart; bey einem ſehr wohl
beſetzten Mittagstiſche ließ man ſich's an kei¬
nem Genuß ermangeln und allen ſchmeckte es,
nach der angreifenden Leibesuͤbung bey ziem¬
licher Waͤrme, um ſo beſſer, und wenn der
alte Amtmann des Guten ein wenig zuviel
gethan hatte, ſo war die Jugend nicht weit
hinter ihm zuruͤckgeblieben.
Ich war grenzenlos gluͤcklich an Frie¬
drikens Seite; geſpraͤchig, luſtig, geiſtreich,
vorlaut, und doch durch Gefuͤhl, Achtung
und Anhaͤnglichkeit gemaͤßigt. Sie in glei¬
chem Falle, offen, heiter, theilnehmend und
mittheilend. Wir ſchienen allein fuͤr die Geſell¬
ſchaft zu leben und lebten bloß wechſelſeitig
fuͤr uns.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/36>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.