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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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nächstens alles wieder in's Gleiche stellen
würde; ich bin aber nichts davon gewahr
worden.

Schon bey den kleinen Flugschriften, die
ich ungenannt herausgab, hatte ich das Pu¬
blicum und die Recensenten auf meine eignen
Kosten kennen lernen, und ich war auf Lob
und Tadel so ziemlich vorbereitet, besonders
da ich seit mehreren Jahren immer nachging
und beobachtete, wie man die Schriftsteller
behandle, denen ich eine vorzügliche Auf¬
merksamkeit gewidmet hatte.

Hier konnte ich selbst in meiner Unsicher¬
heit deutlich bemerken, wie doch so vieles
grundlos, einseitig und willkührlich in den
Tag hinein gesagt wurde. Mir begegnete
nun dasselbe, und wenn ich nicht schon eini¬
gen Grund gehabt hätte, wie irre hätten
mich die Widersprüche gebildeter Menschen
machen müssen! So stand z. B. im deut¬

naͤchſtens alles wieder in's Gleiche ſtellen
wuͤrde; ich bin aber nichts davon gewahr
worden.

Schon bey den kleinen Flugſchriften, die
ich ungenannt herausgab, hatte ich das Pu¬
blicum und die Recenſenten auf meine eignen
Koſten kennen lernen, und ich war auf Lob
und Tadel ſo ziemlich vorbereitet, beſonders
da ich ſeit mehreren Jahren immer nachging
und beobachtete, wie man die Schriftſteller
behandle, denen ich eine vorzuͤgliche Auf¬
merkſamkeit gewidmet hatte.

Hier konnte ich ſelbſt in meiner Unſicher¬
heit deutlich bemerken, wie doch ſo vieles
grundlos, einſeitig und willkuͤhrlich in den
Tag hinein geſagt wurde. Mir begegnete
nun daſſelbe, und wenn ich nicht ſchon eini¬
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[310/0318] naͤchſtens alles wieder in's Gleiche ſtellen wuͤrde; ich bin aber nichts davon gewahr worden. Schon bey den kleinen Flugſchriften, die ich ungenannt herausgab, hatte ich das Pu¬ blicum und die Recenſenten auf meine eignen Koſten kennen lernen, und ich war auf Lob und Tadel ſo ziemlich vorbereitet, beſonders da ich ſeit mehreren Jahren immer nachging und beobachtete, wie man die Schriftſteller behandle, denen ich eine vorzuͤgliche Auf¬ merkſamkeit gewidmet hatte. Hier konnte ich ſelbſt in meiner Unſicher¬ heit deutlich bemerken, wie doch ſo vieles grundlos, einſeitig und willkuͤhrlich in den Tag hinein geſagt wurde. Mir begegnete nun daſſelbe, und wenn ich nicht ſchon eini¬ gen Grund gehabt haͤtte, wie irre haͤtten mich die Widerſpruͤche gebildeter Menſchen machen muͤſſen! So ſtand z. B. im deut¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/318>, abgerufen am 20.05.2024.