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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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früher an solchen Dingen müde getrieben, und
als ich daher meine Frankfurter und Darm¬
städter Umgebung vermißte, war es mir höchst
lieb, Gottern gefunden zu haben, der sich
mit aufrichtiger Neigung an mich schloß, und
dem ich ein herzliches Wohlwollen erwiederte.
Sein Sinn war zart, klar und heiter, sein
Talent geübt und geregelt; er befleißigte sich
der französischen Eleganz und freute sich des
Theils der englischen Literatur, der sich mit
sittlichen und angenehmen Gegenständen be¬
schäftigt. Wir brachten viele vergnügte Stun¬
den zusammen zu, in denen wir uns wechsel¬
seitig unsere Kenntnisse, Vorsätze und Neigun¬
gen mittheilten. Er regte mich zu manchen
kleinen Arbeiten an, zumal da er, mit den
Göttingern in Verhältniß stehend, für Boie's
Almanach auch von meinen Gedichten etwas
verlangte.

Dadurch kam ich mit jenen in einige Be¬
rührung, die sich, jung und talentvoll, zu¬

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fruͤher an ſolchen Dingen muͤde getrieben, und
als ich daher meine Frankfurter und Darm¬
ſtaͤdter Umgebung vermißte, war es mir hoͤchſt
lieb, Gottern gefunden zu haben, der ſich
mit aufrichtiger Neigung an mich ſchloß, und
dem ich ein herzliches Wohlwollen erwiederte.
Sein Sinn war zart, klar und heiter, ſein
Talent geuͤbt und geregelt; er befleißigte ſich
der franzoͤſiſchen Eleganz und freute ſich des
Theils der engliſchen Literatur, der ſich mit
ſittlichen und angenehmen Gegenſtaͤnden be¬
ſchaͤftigt. Wir brachten viele vergnuͤgte Stun¬
den zuſammen zu, in denen wir uns wechſel¬
ſeitig unſere Kenntniſſe, Vorſaͤtze und Neigun¬
gen mittheilten. Er regte mich zu manchen
kleinen Arbeiten an, zumal da er, mit den
Goͤttingern in Verhaͤltniß ſtehend, fuͤr Boie's
Almanach auch von meinen Gedichten etwas
verlangte.

Dadurch kam ich mit jenen in einige Be¬
ruͤhrung, die ſich, jung und talentvoll, zu¬

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[211/0219] fruͤher an ſolchen Dingen muͤde getrieben, und als ich daher meine Frankfurter und Darm¬ ſtaͤdter Umgebung vermißte, war es mir hoͤchſt lieb, Gottern gefunden zu haben, der ſich mit aufrichtiger Neigung an mich ſchloß, und dem ich ein herzliches Wohlwollen erwiederte. Sein Sinn war zart, klar und heiter, ſein Talent geuͤbt und geregelt; er befleißigte ſich der franzoͤſiſchen Eleganz und freute ſich des Theils der engliſchen Literatur, der ſich mit ſittlichen und angenehmen Gegenſtaͤnden be¬ ſchaͤftigt. Wir brachten viele vergnuͤgte Stun¬ den zuſammen zu, in denen wir uns wechſel¬ ſeitig unſere Kenntniſſe, Vorſaͤtze und Neigun¬ gen mittheilten. Er regte mich zu manchen kleinen Arbeiten an, zumal da er, mit den Goͤttingern in Verhaͤltniß ſtehend, fuͤr Boie's Almanach auch von meinen Gedichten etwas verlangte. Dadurch kam ich mit jenen in einige Be¬ ruͤhrung, die ſich, jung und talentvoll, zu¬ 14 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/219>, abgerufen am 24.11.2024.