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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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freyte mich mein Freund, der sich für uns
die Erlaubniß erbat, sogleich Abschied neh¬
men zu dürfen, weil er, als ein fleißiger
und in seinen Studien folgerechter academi¬
scher Bürger, diese Nacht in Drusenheim
zuzubringen und morgen zeitig in Straßburg
zu seyn wünsche.

Unser Nachtquartier erreichten wir beyde
schweigend; ich, weil ich einen Widerhaken
im Herzen fühlte, der mich zurückzog, er,
weil er etwas anderes im Sinne hatte, das
er mir, als wir angelangt waren, so¬
gleich mittheilte. -- Es ist doch wunderlich,
fing er an, daß du gerade auf dieses Mähr¬
chen verfallen bist. Hast du nicht bemerkt,
daß, es einen ganz besondern Eindruck mach¬
te? -- Freylich, versetzte ich darauf; wie
hätte ich nicht bemerken sollen, daß die
ältere bey einigen Stellen, mehr als billig,
lachte, die jüngere den Kopf schüttelte, daß
ihr euch bedeutend ansaht, und daß du selbst

freyte mich mein Freund, der ſich fuͤr uns
die Erlaubniß erbat, ſogleich Abſchied neh¬
men zu duͤrfen, weil er, als ein fleißiger
und in ſeinen Studien folgerechter academi¬
ſcher Buͤrger, dieſe Nacht in Druſenheim
zuzubringen und morgen zeitig in Straßburg
zu ſeyn wuͤnſche.

Unſer Nachtquartier erreichten wir beyde
ſchweigend; ich, weil ich einen Widerhaken
im Herzen fuͤhlte, der mich zuruͤckzog, er,
weil er etwas anderes im Sinne hatte, das
er mir, als wir angelangt waren, ſo¬
gleich mittheilte. — Es iſt doch wunderlich,
fing er an, daß du gerade auf dieſes Maͤhr¬
chen verfallen biſt. Haſt du nicht bemerkt,
daß, es einen ganz beſondern Eindruck mach¬
te? — Freylich, verſetzte ich darauf; wie
haͤtte ich nicht bemerken ſollen, daß die
aͤltere bey einigen Stellen, mehr als billig,
lachte, die juͤngere den Kopf ſchuͤttelte, daß
ihr euch bedeutend anſaht, und daß du ſelbſt

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[4/0012] freyte mich mein Freund, der ſich fuͤr uns die Erlaubniß erbat, ſogleich Abſchied neh¬ men zu duͤrfen, weil er, als ein fleißiger und in ſeinen Studien folgerechter academi¬ ſcher Buͤrger, dieſe Nacht in Druſenheim zuzubringen und morgen zeitig in Straßburg zu ſeyn wuͤnſche. Unſer Nachtquartier erreichten wir beyde ſchweigend; ich, weil ich einen Widerhaken im Herzen fuͤhlte, der mich zuruͤckzog, er, weil er etwas anderes im Sinne hatte, das er mir, als wir angelangt waren, ſo¬ gleich mittheilte. — Es iſt doch wunderlich, fing er an, daß du gerade auf dieſes Maͤhr¬ chen verfallen biſt. Haſt du nicht bemerkt, daß, es einen ganz beſondern Eindruck mach¬ te? — Freylich, verſetzte ich darauf; wie haͤtte ich nicht bemerken ſollen, daß die aͤltere bey einigen Stellen, mehr als billig, lachte, die juͤngere den Kopf ſchuͤttelte, daß ihr euch bedeutend anſaht, und daß du ſelbſt

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/12>, abgerufen am 28.03.2024.