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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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sprach mir von den römischen Alterthümern
und der Rechtsgeschichte goldne Berge, und
zeigte mir sonnenklar, daß ich hier nicht ein¬
mal einen Umweg mache, wenn ich auch spä¬
terhin noch jenen Vorsatz, nach reiferer Ue¬
berlegung und mit Zustimmung meiner Ael¬
tern, auszuführen gedächte. Er ersuchte mich
freundlich, die Sache nochmals zu überlegen
und ihm meine Gesinnungen bald zu eröffnen,
weil es nöthig sey, wegen bevorstehenden An¬
fangs der Collegien, sich zunächst zu ent¬
schließen.

Es war noch ganz artig von ihm, nicht
auf der Stelle in mich zu dringen. Seine
Argumente und das Gewicht, womit er sie
vortrug, hatten meine biegsame Jugend schon
überzeugt, und ich sah nun erst die Schwierig¬
keiten und Bedenklichkeiten einer Sache, die
ich mir im Stillen so thulich ausgebildet hat¬
te. Frau Hofrath Böhme ließ mich kurz
darauf zu sich einladen. Ich fand sie allein.

ſprach mir von den roͤmiſchen Alterthuͤmern
und der Rechtsgeſchichte goldne Berge, und
zeigte mir ſonnenklar, daß ich hier nicht ein¬
mal einen Umweg mache, wenn ich auch ſpaͤ¬
terhin noch jenen Vorſatz, nach reiferer Ue¬
berlegung und mit Zuſtimmung meiner Ael¬
tern, auszufuͤhren gedaͤchte. Er erſuchte mich
freundlich, die Sache nochmals zu uͤberlegen
und ihm meine Geſinnungen bald zu eroͤffnen,
weil es noͤthig ſey, wegen bevorſtehenden An¬
fangs der Collegien, ſich zunaͤchſt zu ent¬
ſchließen.

Es war noch ganz artig von ihm, nicht
auf der Stelle in mich zu dringen. Seine
Argumente und das Gewicht, womit er ſie
vortrug, hatten meine biegſame Jugend ſchon
uͤberzeugt, und ich ſah nun erſt die Schwierig¬
keiten und Bedenklichkeiten einer Sache, die
ich mir im Stillen ſo thulich ausgebildet hat¬
te. Frau Hofrath Boͤhme ließ mich kurz
darauf zu ſich einladen. Ich fand ſie allein.

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[75/0083] ſprach mir von den roͤmiſchen Alterthuͤmern und der Rechtsgeſchichte goldne Berge, und zeigte mir ſonnenklar, daß ich hier nicht ein¬ mal einen Umweg mache, wenn ich auch ſpaͤ¬ terhin noch jenen Vorſatz, nach reiferer Ue¬ berlegung und mit Zuſtimmung meiner Ael¬ tern, auszufuͤhren gedaͤchte. Er erſuchte mich freundlich, die Sache nochmals zu uͤberlegen und ihm meine Geſinnungen bald zu eroͤffnen, weil es noͤthig ſey, wegen bevorſtehenden An¬ fangs der Collegien, ſich zunaͤchſt zu ent¬ ſchließen. Es war noch ganz artig von ihm, nicht auf der Stelle in mich zu dringen. Seine Argumente und das Gewicht, womit er ſie vortrug, hatten meine biegſame Jugend ſchon uͤberzeugt, und ich ſah nun erſt die Schwierig¬ keiten und Bedenklichkeiten einer Sache, die ich mir im Stillen ſo thulich ausgebildet hat¬ te. Frau Hofrath Boͤhme ließ mich kurz darauf zu ſich einladen. Ich fand ſie allein.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/83>, abgerufen am 19.05.2024.