Freude: wenn ich schlecht singe, so kann ich die Schuld nicht auf das Clavier und den Schulmeister werfen; lassen Sie uns aber nur hinauskommen, dann sollen Sie meine Elsasser- und Schweizerliedchen hören, die klingen schon besser.
Beym Abendessen beschäftigte mich eine Vorstellung, die mich schon früher überfallen hatte, dergestalt, daß ich nachdenklich und stumm wurde, obgleich die Lebhaftigkeit der älteren Schwester und die Anmuth der jün¬ gern mich oft genug aus meinen Betrachtun¬ gen schüttelten. Meine Verwunderung war über allen Ausdruck, mich so ganz leibhaftig in der Wakefieldschen Familie zu finden. Der Vater konnte freylich nicht mit jenem treffli¬ chen Manne verglichen werden; allein wo gäbe es auch seinesgleichen! Dagegen stellte sich alle Würde, welche jenem Ehegatten ei¬ gen ist, hier in der Gattinn dar. Man konn¬
Freude: wenn ich ſchlecht ſinge, ſo kann ich die Schuld nicht auf das Clavier und den Schulmeiſter werfen; laſſen Sie uns aber nur hinauskommen, dann ſollen Sie meine Elſaſſer- und Schweizerliedchen hoͤren, die klingen ſchon beſſer.
Beym Abendeſſen beſchaͤftigte mich eine Vorſtellung, die mich ſchon fruͤher uͤberfallen hatte, dergeſtalt, daß ich nachdenklich und ſtumm wurde, obgleich die Lebhaftigkeit der aͤlteren Schweſter und die Anmuth der juͤn¬ gern mich oft genug aus meinen Betrachtun¬ gen ſchuͤttelten. Meine Verwunderung war uͤber allen Ausdruck, mich ſo ganz leibhaftig in der Wakefieldſchen Familie zu finden. Der Vater konnte freylich nicht mit jenem treffli¬ chen Manne verglichen werden; allein wo gaͤbe es auch ſeinesgleichen! Dagegen ſtellte ſich alle Wuͤrde, welche jenem Ehegatten ei¬ gen iſt, hier in der Gattinn dar. Man konn¬
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Freude: wenn ich ſchlecht ſinge, ſo kann ich
die Schuld nicht auf das Clavier und den
Schulmeiſter werfen; laſſen Sie uns aber
nur hinauskommen, dann ſollen Sie meine
Elſaſſer- und Schweizerliedchen hoͤren, die
klingen ſchon beſſer.
Beym Abendeſſen beſchaͤftigte mich eine
Vorſtellung, die mich ſchon fruͤher uͤberfallen
hatte, dergeſtalt, daß ich nachdenklich und
ſtumm wurde, obgleich die Lebhaftigkeit der
aͤlteren Schweſter und die Anmuth der juͤn¬
gern mich oft genug aus meinen Betrachtun¬
gen ſchuͤttelten. Meine Verwunderung war
uͤber allen Ausdruck, mich ſo ganz leibhaftig
in der Wakefieldſchen Familie zu finden. Der
Vater konnte freylich nicht mit jenem treffli¬
chen Manne verglichen werden; allein wo
gaͤbe es auch ſeinesgleichen! Dagegen ſtellte
ſich alle Wuͤrde, welche jenem Ehegatten ei¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/546>, abgerufen am 11.06.2024.
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