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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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kohlen zu verfolgen; man war aber nicht
weit gelangt, als ein starker Dampf den Ar¬
beitern entgegendrang und sie vertrieb. Die
Oeffnung ward wieder zugeworfen; allein wir
fanden die Stelle noch rauchend, als wir dar¬
an vorbey den Weg zur Residenz unseres ein¬
siedlerischen Chemikers verfolgten. Sie liegt
zwischen Bergen und Wäldern; die Thäler
nehmen daselbst sehr mannigfaltige und ange¬
nehme Krümmungen, rings umher ist der
Boden schwarz und kohlenartig, die Lager ge¬
hen häufig zu Tage aus. Ein Kohlenphilo¬
soph -- Philosophus per ignem, wie man
sonst sagte -- hätte sich wohl nicht schicklicher
ansiedeln können.

Wir traten vor ein kleines, zur Wohnung
nicht übel dienliches Haus und fanden Herrn
Stauf, der meinen Freund sogleich erkann¬
te und mit Klagen über die neue Regierung
empfing, Freylich konnten wir aus seinen
Reden vermerken, daß das Alaunwerk, so

kohlen zu verfolgen; man war aber nicht
weit gelangt, als ein ſtarker Dampf den Ar¬
beitern entgegendrang und ſie vertrieb. Die
Oeffnung ward wieder zugeworfen; allein wir
fanden die Stelle noch rauchend, als wir dar¬
an vorbey den Weg zur Reſidenz unſeres ein¬
ſiedleriſchen Chemikers verfolgten. Sie liegt
zwiſchen Bergen und Waͤldern; die Thaͤler
nehmen daſelbſt ſehr mannigfaltige und ange¬
nehme Kruͤmmungen, rings umher iſt der
Boden ſchwarz und kohlenartig, die Lager ge¬
hen haͤufig zu Tage aus. Ein Kohlenphilo¬
ſoph — Philosophus per ignem, wie man
ſonſt ſagte — haͤtte ſich wohl nicht ſchicklicher
anſiedeln koͤnnen.

Wir traten vor ein kleines, zur Wohnung
nicht uͤbel dienliches Haus und fanden Herrn
Stauf, der meinen Freund ſogleich erkann¬
te und mit Klagen uͤber die neue Regierung
empfing, Freylich konnten wir aus ſeinen
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[506/0514] kohlen zu verfolgen; man war aber nicht weit gelangt, als ein ſtarker Dampf den Ar¬ beitern entgegendrang und ſie vertrieb. Die Oeffnung ward wieder zugeworfen; allein wir fanden die Stelle noch rauchend, als wir dar¬ an vorbey den Weg zur Reſidenz unſeres ein¬ ſiedleriſchen Chemikers verfolgten. Sie liegt zwiſchen Bergen und Waͤldern; die Thaͤler nehmen daſelbſt ſehr mannigfaltige und ange¬ nehme Kruͤmmungen, rings umher iſt der Boden ſchwarz und kohlenartig, die Lager ge¬ hen haͤufig zu Tage aus. Ein Kohlenphilo¬ ſoph — Philosophus per ignem, wie man ſonſt ſagte — haͤtte ſich wohl nicht ſchicklicher anſiedeln koͤnnen. Wir traten vor ein kleines, zur Wohnung nicht uͤbel dienliches Haus und fanden Herrn Stauf, der meinen Freund ſogleich erkann¬ te und mit Klagen uͤber die neue Regierung empfing, Freylich konnten wir aus ſeinen Reden vermerken, daß das Alaunwerk, ſo

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/514>, abgerufen am 11.06.2024.