Als wir nun uns nordwestwärts in das Gebirg wendeten und bey Lützelstein, ei¬ nem alten Bergschloß in einer sehr hügelvollen Gegend, vorbeyzogen, und in die Region der Saar und Mosel hinabstiegen, fing der Him¬ mel an sich zu trüben, als wollte er uns den Zustand des rauheren Westreiches noch fühl¬ barer machen. Das Thal der Saar, wo wir zuerst Bockenheim, einen kleinen Ort, an¬ trafen, und gegenüber Neusaarwerden, gut gebaut, mit einem Lustschloß, erblickten, ist zu beyden Seiten von Bergen begleitet, die traurig heißen könnten, wenn nicht an ih¬ rem Fuß eine unendliche Folge von Wiesen und Matten, die Huhnau genannt, sich bis Saaralbe und weiter hin unübersehlich er¬ streckte. Große Gebäude eines ehmaligen Ge¬ stütes der Herzoge von Lothringen ziehen hier den Blick an; sie dienen gegenwärtig, zu solchen Zwecken freylich sehr wohl gelegen, als Meye¬ rey. Wir gelangten über Saargemünd nach Saarbrück, und diese kleine Residenz
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Als wir nun uns nordweſtwaͤrts in das Gebirg wendeten und bey Luͤtzelſtein, ei¬ nem alten Bergſchloß in einer ſehr huͤgelvollen Gegend, vorbeyzogen, und in die Region der Saar und Moſel hinabſtiegen, fing der Him¬ mel an ſich zu truͤben, als wollte er uns den Zuſtand des rauheren Weſtreiches noch fuͤhl¬ barer machen. Das Thal der Saar, wo wir zuerſt Bockenheim, einen kleinen Ort, an¬ trafen, und gegenuͤber Neuſaarwerden, gut gebaut, mit einem Luſtſchloß, erblickten, iſt zu beyden Seiten von Bergen begleitet, die traurig heißen koͤnnten, wenn nicht an ih¬ rem Fuß eine unendliche Folge von Wieſen und Matten, die Huhnau genannt, ſich bis Saaralbe und weiter hin unuͤberſehlich er¬ ſtreckte. Große Gebaͤude eines ehmaligen Ge¬ ſtuͤtes der Herzoge von Lothringen ziehen hier den Blick an; ſie dienen gegenwaͤrtig, zu ſolchen Zwecken freylich ſehr wohl gelegen, als Meye¬ rey. Wir gelangten uͤber Saargemuͤnd nach Saarbruͤck, und dieſe kleine Reſidenz
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Als wir nun uns nordweſtwaͤrts in das
Gebirg wendeten und bey Luͤtzelſtein, ei¬
nem alten Bergſchloß in einer ſehr huͤgelvollen
Gegend, vorbeyzogen, und in die Region der
Saar und Moſel hinabſtiegen, fing der Him¬
mel an ſich zu truͤben, als wollte er uns den
Zuſtand des rauheren Weſtreiches noch fuͤhl¬
barer machen. Das Thal der Saar, wo wir
zuerſt Bockenheim, einen kleinen Ort, an¬
trafen, und gegenuͤber Neuſaarwerden,
gut gebaut, mit einem Luſtſchloß, erblickten,
iſt zu beyden Seiten von Bergen begleitet,
die traurig heißen koͤnnten, wenn nicht an ih¬
rem Fuß eine unendliche Folge von Wieſen
und Matten, die Huhnau genannt, ſich bis
Saaralbe und weiter hin unuͤberſehlich er¬
ſtreckte. Große Gebaͤude eines ehmaligen Ge¬
ſtuͤtes der Herzoge von Lothringen ziehen hier
den Blick an; ſie dienen gegenwaͤrtig, zu ſolchen
Zwecken freylich ſehr wohl gelegen, als Meye¬
rey. Wir gelangten uͤber Saargemuͤnd
nach Saarbruͤck, und dieſe kleine Reſidenz
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/507>, abgerufen am 13.01.2025.
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