Denn das bedeutendste Ereigniß, was die wichtigsten Folgen für mich haben sollte, war die Bekanntschaft und die daran sich knüpfen¬ de nähere Verbindung mit Herder. Er hat¬ te den Prinzen von Holstein-Eutin, der sich in traurigen Gemüthszuständen befand, auf Reisen begleitet und war mit ihm bis Straßburg gekommen. Unsere Societät, so¬ bald sie seine Gegenwart vernahm, trug ein großes Verlangen sich ihm zu nähern, und mir begegnete dieß Glück zuerst ganz un¬ vermuthet und zufällig. Ich war nämlich in den Gasthof zum Geist gegangen, ich weiß nicht welchen bedeutenden Fremden aufzusu¬ chen. Gleich unten an der Treppe fand ich einen Mann, der eben auch hinaufzusteigen im Begriff war, und den ich für einen Geistli¬ chen halten konnte. Sein gepudertes Haar war in eine runde Locke aufgesteckt, das schwarze Kleid bezeichnete ihn gleichfalls, mehr noch aber ein langer schwarzer seidner Mantel, dessen Ende er zusammengenommen und in die
Denn das bedeutendſte Ereigniß, was die wichtigſten Folgen fuͤr mich haben ſollte, war die Bekanntſchaft und die daran ſich knuͤpfen¬ de naͤhere Verbindung mit Herder. Er hat¬ te den Prinzen von Holſtein-Eutin, der ſich in traurigen Gemuͤthszuſtaͤnden befand, auf Reiſen begleitet und war mit ihm bis Straßburg gekommen. Unſere Societaͤt, ſo¬ bald ſie ſeine Gegenwart vernahm, trug ein großes Verlangen ſich ihm zu naͤhern, und mir begegnete dieß Gluͤck zuerſt ganz un¬ vermuthet und zufaͤllig. Ich war naͤmlich in den Gaſthof zum Geiſt gegangen, ich weiß nicht welchen bedeutenden Fremden aufzuſu¬ chen. Gleich unten an der Treppe fand ich einen Mann, der eben auch hinaufzuſteigen im Begriff war, und den ich fuͤr einen Geiſtli¬ chen halten konnte. Sein gepudertes Haar war in eine runde Locke aufgeſteckt, das ſchwarze Kleid bezeichnete ihn gleichfalls, mehr noch aber ein langer ſchwarzer ſeidner Mantel, deſſen Ende er zuſammengenommen und in die
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Denn das bedeutendſte Ereigniß, was die
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die Bekanntſchaft und die daran ſich knuͤpfen¬
de naͤhere Verbindung mit Herder. Er hat¬
te den Prinzen von Holſtein-Eutin, der
ſich in traurigen Gemuͤthszuſtaͤnden befand,
auf Reiſen begleitet und war mit ihm bis
Straßburg gekommen. Unſere Societaͤt, ſo¬
bald ſie ſeine Gegenwart vernahm, trug ein
großes Verlangen ſich ihm zu naͤhern, und
mir begegnete dieß Gluͤck zuerſt ganz un¬
vermuthet und zufaͤllig. Ich war naͤmlich in
den Gaſthof zum Geiſt gegangen, ich weiß
nicht welchen bedeutenden Fremden aufzuſu¬
chen. Gleich unten an der Treppe fand ich
einen Mann, der eben auch hinaufzuſteigen im
Begriff war, und den ich fuͤr einen Geiſtli¬
chen halten konnte. Sein gepudertes Haar
war in eine runde Locke aufgeſteckt, das
ſchwarze Kleid bezeichnete ihn gleichfalls, mehr
noch aber ein langer ſchwarzer ſeidner Mantel,
deſſen Ende er zuſammengenommen und in die
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/467>, abgerufen am 23.11.2024.
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