selbst, meine Theilnahme an den Feyerlichkei¬ ten und was dergleichen mehr war vermelde¬ te, ihm zugleich aber das strengste Stillschwei¬ gen gebot. Dabey muß ich noch bemerken, daß unsere kleine Leipziger Societät von jenem Streich an, der uns so manchen Ver¬ druß gemacht, sich angewöhnt hatte, ihn von Zeit zu Zeit mit Mystificationen zu verfolgen, und das um so mehr, da er der drolligste Mensch von der Welt war, und niemals lie¬ benswürdiger als wenn er den Irrthum ent¬ deckte, in den man ihn vorsätzlich hineinge¬ führt hatte. Kurz darauf als ich diesen Brief geschrieben, machte ich eine kleine Reise und blieb wohl vierzehn Tage aus. Indessen war die Nachricht jenes Unglücks nach Frankfurt gekommen; mein Freund glaubte mich in Pa¬ ris, und seine Neigung ließ ihn besorgen, ich sey in jenes Unglück mit verwickelt. Er er¬ kundigte sich bey meinen Aeltern und andern Personen, an die ich zu schreiben pflegte, ob keine Briefe angekommen, und weil eben je¬
ſelbſt, meine Theilnahme an den Feyerlichkei¬ ten und was dergleichen mehr war vermelde¬ te, ihm zugleich aber das ſtrengſte Stillſchwei¬ gen gebot. Dabey muß ich noch bemerken, daß unſere kleine Leipziger Societaͤt von jenem Streich an, der uns ſo manchen Ver¬ druß gemacht, ſich angewoͤhnt hatte, ihn von Zeit zu Zeit mit Myſtificationen zu verfolgen, und das um ſo mehr, da er der drolligſte Menſch von der Welt war, und niemals lie¬ benswuͤrdiger als wenn er den Irrthum ent¬ deckte, in den man ihn vorſaͤtzlich hineinge¬ fuͤhrt hatte. Kurz darauf als ich dieſen Brief geſchrieben, machte ich eine kleine Reiſe und blieb wohl vierzehn Tage aus. Indeſſen war die Nachricht jenes Ungluͤcks nach Frankfurt gekommen; mein Freund glaubte mich in Pa¬ ris, und ſeine Neigung ließ ihn beſorgen, ich ſey in jenes Ungluͤck mit verwickelt. Er er¬ kundigte ſich bey meinen Aeltern und andern Perſonen, an die ich zu ſchreiben pflegte, ob keine Briefe angekommen, und weil eben je¬
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ſelbſt, meine Theilnahme an den Feyerlichkei¬
ten und was dergleichen mehr war vermelde¬
te, ihm zugleich aber das ſtrengſte Stillſchwei¬
gen gebot. Dabey muß ich noch bemerken,
daß unſere kleine Leipziger Societaͤt von
jenem Streich an, der uns ſo manchen Ver¬
druß gemacht, ſich angewoͤhnt hatte, ihn von
Zeit zu Zeit mit Myſtificationen zu verfolgen,
und das um ſo mehr, da er der drolligſte
Menſch von der Welt war, und niemals lie¬
benswuͤrdiger als wenn er den Irrthum ent¬
deckte, in den man ihn vorſaͤtzlich hineinge¬
fuͤhrt hatte. Kurz darauf als ich dieſen Brief
geſchrieben, machte ich eine kleine Reiſe und
blieb wohl vierzehn Tage aus. Indeſſen war
die Nachricht jenes Ungluͤcks nach Frankfurt
gekommen; mein Freund glaubte mich in Pa¬
ris, und ſeine Neigung ließ ihn beſorgen, ich
ſey in jenes Ungluͤck mit verwickelt. Er er¬
kundigte ſich bey meinen Aeltern und andern
Perſonen, an die ich zu ſchreiben pflegte, ob
keine Briefe angekommen, und weil eben je¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/376>, abgerufen am 26.11.2024.
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