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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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licher Unterhaltung über die Menge, die ih¬
rem Zug entgegenströmte, zu scherzen. Abends
zogen wir durch die Straßen, um die ver¬
schiedenen illuminirten Gebäude, besonders
aber den brennenden Gipfel des Münsters zu
sehen, an dem wir, sowohl in der Nähe als
in der Ferne, unsere Augen nicht genugsam
weiden konnten.

Die Königinn verfolgte ihren Weg; das
Landvolk verlief sich, und die Stadt war bald
ruhig wie vorher. Vor Ankunft der Königinn
hatte man die ganz vernünftige Anordnung
gemacht, daß sich keine misgestalteten Perso¬
nen, keine Krüppel und ekelhafte Kranke auf
ihrem Wege zeigen sollten. Man scherzte
hierüber, und ich machte ein kleines franzö¬
sisches Gedicht, worin ich die Ankunft Christi,
welcher besonders der Kranken und Lahmen
wegen auf der Welt zu wandeln schien, und
die Ankunft der Königinn, welche diese Un¬
glücklichen verscheuchte, in Vergleichung brach¬

licher Unterhaltung uͤber die Menge, die ih¬
rem Zug entgegenſtroͤmte, zu ſcherzen. Abends
zogen wir durch die Straßen, um die ver¬
ſchiedenen illuminirten Gebaͤude, beſonders
aber den brennenden Gipfel des Muͤnſters zu
ſehen, an dem wir, ſowohl in der Naͤhe als
in der Ferne, unſere Augen nicht genugſam
weiden konnten.

Die Koͤniginn verfolgte ihren Weg; das
Landvolk verlief ſich, und die Stadt war bald
ruhig wie vorher. Vor Ankunft der Koͤniginn
hatte man die ganz vernuͤnftige Anordnung
gemacht, daß ſich keine misgeſtalteten Perſo¬
nen, keine Kruͤppel und ekelhafte Kranke auf
ihrem Wege zeigen ſollten. Man ſcherzte
hieruͤber, und ich machte ein kleines franzoͤ¬
ſiſches Gedicht, worin ich die Ankunft Chriſti,
welcher beſonders der Kranken und Lahmen
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[365/0373] licher Unterhaltung uͤber die Menge, die ih¬ rem Zug entgegenſtroͤmte, zu ſcherzen. Abends zogen wir durch die Straßen, um die ver¬ ſchiedenen illuminirten Gebaͤude, beſonders aber den brennenden Gipfel des Muͤnſters zu ſehen, an dem wir, ſowohl in der Naͤhe als in der Ferne, unſere Augen nicht genugſam weiden konnten. Die Koͤniginn verfolgte ihren Weg; das Landvolk verlief ſich, und die Stadt war bald ruhig wie vorher. Vor Ankunft der Koͤniginn hatte man die ganz vernuͤnftige Anordnung gemacht, daß ſich keine misgeſtalteten Perſo¬ nen, keine Kruͤppel und ekelhafte Kranke auf ihrem Wege zeigen ſollten. Man ſcherzte hieruͤber, und ich machte ein kleines franzoͤ¬ ſiſches Gedicht, worin ich die Ankunft Chriſti, welcher beſonders der Kranken und Lahmen wegen auf der Welt zu wandeln ſchien, und die Ankunft der Koͤniginn, welche dieſe Un¬ gluͤcklichen verſcheuchte, in Vergleichung brach¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/373>, abgerufen am 26.11.2024.