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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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licher und entschiedener arbeiten konnte. End¬
lich fiel mir auch wieder einmal das Radiren
ein. Ich hatte mir eine ziemlich interessante
Landschaft componirt, und fühlte mich sehr
glücklich, als ich meine allen von Stock über¬
lieferten Recepte vorsuchen, und mich jener
vergnüglichen Zeiten bey der Arbeit erinnern
konnte. Ich ätzte die Platte bald und ließ
mir Probeabdrücke machen. Unglücklicher¬
weise war die Composition ohne Licht und
Schatten, und ich quälte mich nun beydes
hineinzubringen; weil es mir aber nicht ganz
deutlich war, worauf es ankam, so konnte ich
nicht fertig werden. Ich befand mich zu der
Zeit nach meiner Art ganz wohl; allein in die¬
sen Tagen befiel mich ein Uebel, das mich
noch nie gequält hatte. Die Kehle nämlich
war mir ganz wund geworden, und besonders
das was man den Zapfen nennt, sehr entzün¬
det; ich konnte nur mit großen Schmerzen
etwas schlingen, und die Aerzte wußten nicht
was sie daraus machen sollten. Man quälte

licher und entſchiedener arbeiten konnte. End¬
lich fiel mir auch wieder einmal das Radiren
ein. Ich hatte mir eine ziemlich intereſſante
Landſchaft componirt, und fuͤhlte mich ſehr
gluͤcklich, als ich meine allen von Stock uͤber¬
lieferten Recepte vorſuchen, und mich jener
vergnuͤglichen Zeiten bey der Arbeit erinnern
konnte. Ich aͤtzte die Platte bald und ließ
mir Probeabdruͤcke machen. Ungluͤcklicher¬
weiſe war die Compoſition ohne Licht und
Schatten, und ich quaͤlte mich nun beydes
hineinzubringen; weil es mir aber nicht ganz
deutlich war, worauf es ankam, ſo konnte ich
nicht fertig werden. Ich befand mich zu der
Zeit nach meiner Art ganz wohl; allein in die¬
ſen Tagen befiel mich ein Uebel, das mich
noch nie gequaͤlt hatte. Die Kehle naͤmlich
war mir ganz wund geworden, und beſonders
das was man den Zapfen nennt, ſehr entzuͤn¬
det; ich konnte nur mit großen Schmerzen
etwas ſchlingen, und die Aerzte wußten nicht
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[324/0332] licher und entſchiedener arbeiten konnte. End¬ lich fiel mir auch wieder einmal das Radiren ein. Ich hatte mir eine ziemlich intereſſante Landſchaft componirt, und fuͤhlte mich ſehr gluͤcklich, als ich meine allen von Stock uͤber¬ lieferten Recepte vorſuchen, und mich jener vergnuͤglichen Zeiten bey der Arbeit erinnern konnte. Ich aͤtzte die Platte bald und ließ mir Probeabdruͤcke machen. Ungluͤcklicher¬ weiſe war die Compoſition ohne Licht und Schatten, und ich quaͤlte mich nun beydes hineinzubringen; weil es mir aber nicht ganz deutlich war, worauf es ankam, ſo konnte ich nicht fertig werden. Ich befand mich zu der Zeit nach meiner Art ganz wohl; allein in die¬ ſen Tagen befiel mich ein Uebel, das mich noch nie gequaͤlt hatte. Die Kehle naͤmlich war mir ganz wund geworden, und beſonders das was man den Zapfen nennt, ſehr entzuͤn¬ det; ich konnte nur mit großen Schmerzen etwas ſchlingen, und die Aerzte wußten nicht was ſie daraus machen ſollten. Man quaͤlte

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/332>, abgerufen am 28.11.2024.