so oft, als ihm eine kritzliche, nachlässige Schrift zu Gesicht kam; wobey er mehrmals äußerte, daß er sehr gern die schöne Hand¬ schrift seiner Schüler zum Hauptzweck seines Unterrichts machen möchte, um so mehr, weil er oft genug bemerkt habe, daß eine gute Hand einen guten Styl nach sich ziehe.
Sonst konnte ich auch bemerken, daß die französischen und englischen Stellen meiner Briefe obgleich nicht fehlerlos, doch mit Leich¬ tigkeit und Freyheit geschrieben waren. Diese Sprachen hatte ich auch in meiner Corre¬ spondenz mit Georg Schlosser, der sich noch immer in Treptow befand, zu üben fortgefah¬ ren, und war mit ihm in beständigem Zu¬ sammenhang geblieben; wodurch ich denn von manchen weltlichen Zuständen (denn immer ging es ihm nicht ganz so wie er gehofft hat¬ te) unterrichtet wurde und zu seiner ernsten, edlen Denkweise immer mehr Zutrauen faßte.
ſo oft, als ihm eine kritzliche, nachlaͤſſige Schrift zu Geſicht kam; wobey er mehrmals aͤußerte, daß er ſehr gern die ſchoͤne Hand¬ ſchrift ſeiner Schuͤler zum Hauptzweck ſeines Unterrichts machen moͤchte, um ſo mehr, weil er oft genug bemerkt habe, daß eine gute Hand einen guten Styl nach ſich ziehe.
Sonſt konnte ich auch bemerken, daß die franzoͤſiſchen und engliſchen Stellen meiner Briefe obgleich nicht fehlerlos, doch mit Leich¬ tigkeit und Freyheit geſchrieben waren. Dieſe Sprachen hatte ich auch in meiner Corre¬ ſpondenz mit Georg Schloſſer, der ſich noch immer in Treptow befand, zu uͤben fortgefah¬ ren, und war mit ihm in beſtaͤndigem Zu¬ ſammenhang geblieben; wodurch ich denn von manchen weltlichen Zuſtaͤnden (denn immer ging es ihm nicht ganz ſo wie er gehofft hat¬ te) unterrichtet wurde und zu ſeiner ernſten, edlen Denkweiſe immer mehr Zutrauen faßte.
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ſo oft, als ihm eine kritzliche, nachlaͤſſige
Schrift zu Geſicht kam; wobey er mehrmals
aͤußerte, daß er ſehr gern die ſchoͤne Hand¬
ſchrift ſeiner Schuͤler zum Hauptzweck ſeines
Unterrichts machen moͤchte, um ſo mehr, weil
er oft genug bemerkt habe, daß eine gute
Hand einen guten Styl nach ſich ziehe.
Sonſt konnte ich auch bemerken, daß die
franzoͤſiſchen und engliſchen Stellen meiner
Briefe obgleich nicht fehlerlos, doch mit Leich¬
tigkeit und Freyheit geſchrieben waren. Dieſe
Sprachen hatte ich auch in meiner Corre¬
ſpondenz mit Georg Schloſſer, der ſich noch
immer in Treptow befand, zu uͤben fortgefah¬
ren, und war mit ihm in beſtaͤndigem Zu¬
ſammenhang geblieben; wodurch ich denn von
manchen weltlichen Zuſtaͤnden (denn immer
ging es ihm nicht ganz ſo wie er gehofft hat¬
te) unterrichtet wurde und zu ſeiner ernſten,
edlen Denkweiſe immer mehr Zutrauen faßte.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/327>, abgerufen am 24.11.2024.
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