standen wäre: immer kam, billiger Weise, die Schule in Betracht, aus welcher der Künstler hervorgegangen, die Zeit, in der er gelebt, das besondere Talent, das ihm die Natur verliehen und der Grad, auf welchen er es in der Ausführung gebracht. Da war keine Vorliebe weder für geistliche noch für welt¬ liche Gegenstände, für ländliche oder für städti¬ sche, lebendige oder leblose; die Frage war immer nach dem Kunstgemäßen.
Ob sich nun gleich diese Liebhaber und Sammler, nach ihrer Lage, Sinnesart, Ver¬ mögen und Gelegenheit, mehr gegen die nie¬ derländische Schule richteten; so ward doch, indem man sein Auge an den unendlichen Verdiensten der nordwestlichen Künstler übte, ein sehnsuchtsvoll verehrender Blick nach Süd¬ osten immer offen gehalten.
Und so mußte die Universität, wo ich die Zwecke meiner Familie, ja meine eignen ver¬
ſtanden waͤre: immer kam, billiger Weiſe, die Schule in Betracht, aus welcher der Kuͤnſtler hervorgegangen, die Zeit, in der er gelebt, das beſondere Talent, das ihm die Natur verliehen und der Grad, auf welchen er es in der Ausfuͤhrung gebracht. Da war keine Vorliebe weder fuͤr geiſtliche noch fuͤr welt¬ liche Gegenſtaͤnde, fuͤr laͤndliche oder fuͤr ſtaͤdti¬ ſche, lebendige oder lebloſe; die Frage war immer nach dem Kunſtgemaͤßen.
Ob ſich nun gleich dieſe Liebhaber und Sammler, nach ihrer Lage, Sinnesart, Ver¬ moͤgen und Gelegenheit, mehr gegen die nie¬ derlaͤndiſche Schule richteten; ſo ward doch, indem man ſein Auge an den unendlichen Verdienſten der nordweſtlichen Kuͤnſtler uͤbte, ein ſehnſuchtsvoll verehrender Blick nach Suͤd¬ oſten immer offen gehalten.
Und ſo mußte die Univerſitaͤt, wo ich die Zwecke meiner Familie, ja meine eignen ver¬
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ſtanden waͤre: immer kam, billiger Weiſe, die
Schule in Betracht, aus welcher der Kuͤnſtler
hervorgegangen, die Zeit, in der er gelebt,
das beſondere Talent, das ihm die Natur
verliehen und der Grad, auf welchen er es
in der Ausfuͤhrung gebracht. Da war keine
Vorliebe weder fuͤr geiſtliche noch fuͤr welt¬
liche Gegenſtaͤnde, fuͤr laͤndliche oder fuͤr ſtaͤdti¬
ſche, lebendige oder lebloſe; die Frage war
immer nach dem Kunſtgemaͤßen.
Ob ſich nun gleich dieſe Liebhaber und
Sammler, nach ihrer Lage, Sinnesart, Ver¬
moͤgen und Gelegenheit, mehr gegen die nie¬
derlaͤndiſche Schule richteten; ſo ward doch,
indem man ſein Auge an den unendlichen
Verdienſten der nordweſtlichen Kuͤnſtler uͤbte,
ein ſehnſuchtsvoll verehrender Blick nach Suͤd¬
oſten immer offen gehalten.
Und ſo mußte die Univerſitaͤt, wo ich die
Zwecke meiner Familie, ja meine eignen ver¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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