Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

ster ihre täglichen Stunden gaben, die Col¬
legia mit ihm sehr ordentlich frequentirte, bey
Tage nicht ohne ihn ausging, auch denselben
auf allen Spazirgängen begleitete; so waren
wir Andern doch auch immer in Apels Hause
zu finden und zogen mit, wenn man lustwan¬
delte; das machte schon einiges Aufsehen.
Behrisch gewöhnte sich auch an uns, gab zu¬
letzt meistentheils Abends gegen neun Uhr
seinen Zögling in die Hände des Cammerdie¬
ners und suchte uns im Weinhause auf, wo¬
hin er jedoch niemals anders als in Schuhen
und Strümpfen, den Degen an der Seite
und gewöhnlich den Hut unterm Arm zu kom¬
men pflegte. Die Späße und Thorheiten,
die er insgemein angab, gingen ins Unend¬
liche. So hatte z. B. einer unserer Freunde
die Gewohnheit Punct Zehne wegzugehen,
weil er mit einem hübschen Kinde in Verbin¬
dung stand, mit welchem er sich nur um die¬
se Zeit unterhalten konnte. Wir vermißten
ihn ungern, und Behrisch nahm sich eines

ſter ihre taͤglichen Stunden gaben, die Col¬
legia mit ihm ſehr ordentlich frequentirte, bey
Tage nicht ohne ihn ausging, auch denſelben
auf allen Spazirgaͤngen begleitete; ſo waren
wir Andern doch auch immer in Apels Hauſe
zu finden und zogen mit, wenn man luſtwan¬
delte; das machte ſchon einiges Aufſehen.
Behriſch gewoͤhnte ſich auch an uns, gab zu¬
letzt meiſtentheils Abends gegen neun Uhr
ſeinen Zoͤgling in die Haͤnde des Cammerdie¬
ners und ſuchte uns im Weinhauſe auf, wo¬
hin er jedoch niemals anders als in Schuhen
und Struͤmpfen, den Degen an der Seite
und gewoͤhnlich den Hut unterm Arm zu kom¬
men pflegte. Die Spaͤße und Thorheiten,
die er insgemein angab, gingen ins Unend¬
liche. So hatte z. B. einer unſerer Freunde
die Gewohnheit Punct Zehne wegzugehen,
weil er mit einem huͤbſchen Kinde in Verbin¬
dung ſtand, mit welchem er ſich nur um die¬
ſe Zeit unterhalten konnte. Wir vermißten
ihn ungern, und Behriſch nahm ſich eines

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="219"/>
&#x017F;ter ihre ta&#x0364;glichen Stunden gaben, die Col¬<lb/>
legia mit ihm &#x017F;ehr ordentlich frequentirte, bey<lb/>
Tage nicht ohne ihn ausging, auch den&#x017F;elben<lb/>
auf allen Spazirga&#x0364;ngen begleitete; &#x017F;o waren<lb/>
wir Andern doch auch immer in Apels Hau&#x017F;e<lb/>
zu finden und zogen mit, wenn man lu&#x017F;twan¬<lb/>
delte; das machte &#x017F;chon einiges Auf&#x017F;ehen.<lb/>
Behri&#x017F;ch gewo&#x0364;hnte &#x017F;ich auch an uns, gab zu¬<lb/>
letzt mei&#x017F;tentheils Abends gegen neun Uhr<lb/>
&#x017F;einen Zo&#x0364;gling in die Ha&#x0364;nde des Cammerdie¬<lb/>
ners und &#x017F;uchte uns im Weinhau&#x017F;e auf, wo¬<lb/>
hin er jedoch niemals anders als in Schuhen<lb/>
und Stru&#x0364;mpfen, den Degen an der Seite<lb/>
und gewo&#x0364;hnlich den Hut unterm Arm zu kom¬<lb/>
men pflegte. Die Spa&#x0364;ße und Thorheiten,<lb/>
die er insgemein angab, gingen ins Unend¬<lb/>
liche. So hatte z. B. einer un&#x017F;erer Freunde<lb/>
die Gewohnheit Punct Zehne wegzugehen,<lb/>
weil er mit einem hu&#x0364;b&#x017F;chen Kinde in Verbin¬<lb/>
dung &#x017F;tand, mit welchem er &#x017F;ich nur um die¬<lb/>
&#x017F;e Zeit unterhalten konnte. Wir vermißten<lb/>
ihn ungern, und Behri&#x017F;ch nahm &#x017F;ich eines<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0227] ſter ihre taͤglichen Stunden gaben, die Col¬ legia mit ihm ſehr ordentlich frequentirte, bey Tage nicht ohne ihn ausging, auch denſelben auf allen Spazirgaͤngen begleitete; ſo waren wir Andern doch auch immer in Apels Hauſe zu finden und zogen mit, wenn man luſtwan¬ delte; das machte ſchon einiges Aufſehen. Behriſch gewoͤhnte ſich auch an uns, gab zu¬ letzt meiſtentheils Abends gegen neun Uhr ſeinen Zoͤgling in die Haͤnde des Cammerdie¬ ners und ſuchte uns im Weinhauſe auf, wo¬ hin er jedoch niemals anders als in Schuhen und Struͤmpfen, den Degen an der Seite und gewoͤhnlich den Hut unterm Arm zu kom¬ men pflegte. Die Spaͤße und Thorheiten, die er insgemein angab, gingen ins Unend¬ liche. So hatte z. B. einer unſerer Freunde die Gewohnheit Punct Zehne wegzugehen, weil er mit einem huͤbſchen Kinde in Verbin¬ dung ſtand, mit welchem er ſich nur um die¬ ſe Zeit unterhalten konnte. Wir vermißten ihn ungern, und Behriſch nahm ſich eines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/227
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/227>, abgerufen am 24.11.2024.