Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

das Heiligthum. Das Pfälzische Büffet stand
links, unmittelbar an der Thüre, und mit
einigen Schritten befand ich mich auf der
Erhöhung desselben hinter den Schranken.

Am andern Ende des Saals, unmittelbar
an den Fenstern, saßen auf Thronstufen
erhöht, unter Baldachinen, Kaiser und König
in ihren Ornaten; Krone und Zepter aber
lagen auf goldnen Kissen rückwärts in einiger
Entfernung. Die drey geistlichen Churfürsten
hatten, ihre Büffette hinter sich, auf einzel¬
nen Estraden Platz genommen: Chur-Mainz
den Majestäten gegenüber, Chur-Trier zur
Rechten und Chur-Cöln zur Linken. Dieser
obere Theil des Saals war würdig und
erfreulich anzusehen, und erregte die Bemer¬
kung, daß die Geistlichkeit sich so lange als
möglich mit dem Herrscher halten mag. Dage¬
gen ließen die zwar prächtig aufgeputzten aber
herrenleeren Büffette und Tische der sämt¬
lichen weltlichen Churfürsten an das Misver¬

das Heiligthum. Das Pfaͤlziſche Buͤffet ſtand
links, unmittelbar an der Thuͤre, und mit
einigen Schritten befand ich mich auf der
Erhoͤhung deſſelben hinter den Schranken.

Am andern Ende des Saals, unmittelbar
an den Fenſtern, ſaßen auf Thronſtufen
erhoͤht, unter Baldachinen, Kaiſer und Koͤnig
in ihren Ornaten; Krone und Zepter aber
lagen auf goldnen Kiſſen ruͤckwaͤrts in einiger
Entfernung. Die drey geiſtlichen Churfuͤrſten
hatten, ihre Buͤffette hinter ſich, auf einzel¬
nen Eſtraden Platz genommen: Chur-Mainz
den Majeſtaͤten gegenuͤber, Chur-Trier zur
Rechten und Chur-Coͤln zur Linken. Dieſer
obere Theil des Saals war wuͤrdig und
erfreulich anzuſehen, und erregte die Bemer¬
kung, daß die Geiſtlichkeit ſich ſo lange als
moͤglich mit dem Herrſcher halten mag. Dage¬
gen ließen die zwar praͤchtig aufgeputzten aber
herrenleeren Buͤffette und Tiſche der ſaͤmt¬
lichen weltlichen Churfuͤrſten an das Misver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0508" n="492"/>
das Heiligthum. Das Pfa&#x0364;lzi&#x017F;che Bu&#x0364;ffet &#x017F;tand<lb/>
links, unmittelbar an der Thu&#x0364;re, und mit<lb/>
einigen Schritten befand ich mich auf der<lb/>
Erho&#x0364;hung de&#x017F;&#x017F;elben hinter den Schranken.</p><lb/>
        <p>Am andern Ende des Saals, unmittelbar<lb/>
an den Fen&#x017F;tern, &#x017F;aßen auf Thron&#x017F;tufen<lb/>
erho&#x0364;ht, unter Baldachinen, Kai&#x017F;er und Ko&#x0364;nig<lb/>
in ihren Ornaten; Krone und Zepter aber<lb/>
lagen auf goldnen Ki&#x017F;&#x017F;en ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts in einiger<lb/>
Entfernung. Die drey gei&#x017F;tlichen Churfu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
hatten, ihre Bu&#x0364;ffette hinter &#x017F;ich, auf einzel¬<lb/>
nen E&#x017F;traden Platz genommen: Chur-Mainz<lb/>
den Maje&#x017F;ta&#x0364;ten gegenu&#x0364;ber, Chur-Trier zur<lb/>
Rechten und Chur-Co&#x0364;ln zur Linken. Die&#x017F;er<lb/>
obere Theil des Saals war wu&#x0364;rdig und<lb/>
erfreulich anzu&#x017F;ehen, und erregte die Bemer¬<lb/>
kung, daß die Gei&#x017F;tlichkeit &#x017F;ich &#x017F;o lange als<lb/>
mo&#x0364;glich mit dem Herr&#x017F;cher halten mag. Dage¬<lb/>
gen ließen die zwar pra&#x0364;chtig aufgeputzten aber<lb/>
herrenleeren Bu&#x0364;ffette und Ti&#x017F;che der &#x017F;a&#x0364;mt¬<lb/>
lichen weltlichen Churfu&#x0364;r&#x017F;ten an das Misver¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[492/0508] das Heiligthum. Das Pfaͤlziſche Buͤffet ſtand links, unmittelbar an der Thuͤre, und mit einigen Schritten befand ich mich auf der Erhoͤhung deſſelben hinter den Schranken. Am andern Ende des Saals, unmittelbar an den Fenſtern, ſaßen auf Thronſtufen erhoͤht, unter Baldachinen, Kaiſer und Koͤnig in ihren Ornaten; Krone und Zepter aber lagen auf goldnen Kiſſen ruͤckwaͤrts in einiger Entfernung. Die drey geiſtlichen Churfuͤrſten hatten, ihre Buͤffette hinter ſich, auf einzel¬ nen Eſtraden Platz genommen: Chur-Mainz den Majeſtaͤten gegenuͤber, Chur-Trier zur Rechten und Chur-Coͤln zur Linken. Dieſer obere Theil des Saals war wuͤrdig und erfreulich anzuſehen, und erregte die Bemer¬ kung, daß die Geiſtlichkeit ſich ſo lange als moͤglich mit dem Herrſcher halten mag. Dage¬ gen ließen die zwar praͤchtig aufgeputzten aber herrenleeren Buͤffette und Tiſche der ſaͤmt¬ lichen weltlichen Churfuͤrſten an das Misver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/508
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/508>, abgerufen am 09.11.2024.