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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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ganz bequem, und sein treuherzig würdiges
Gesicht gab zugleich den Kaiser und den Va¬
ter zu erkennen. Der junge König hingegen
schleppte sich in den ungeheuren Gewandstü¬
cken mit den Kleinodien Carls des großen, wie
in einer Verkleidung einher, so daß er selbst,
von Zeit zu Zeit seinen Vater ansehend, sich des
Lächelns nicht enthalten konnte. Die Krone,
welche man sehr hatte füttern müssen, stand
wie ein übergreifendes Dach vom Kopf ab.
Die Dalmatica, die Stola, so gut sie auch
angepaßt und eingenäht worden, gewährte doch
keinswegs ein vortheilhaftes Aussehen. Scep¬
ter und Reichsapfel setzten in Verwunderung;
aber man konnte sich nicht läugnen, daß man
lieber eine mächtige, dem Anzuge gewachsene
Gestalt, um der günstigern Wirkung willen,
damit bekleidet und ausgeschmückt gesehen
hätte.

Kaum waren die Pforten des großen
Saales hinter diesen Gestalten wieder geschlos¬

ganz bequem, und ſein treuherzig wuͤrdiges
Geſicht gab zugleich den Kaiſer und den Va¬
ter zu erkennen. Der junge Koͤnig hingegen
ſchleppte ſich in den ungeheuren Gewandſtuͤ¬
cken mit den Kleinodien Carls des großen, wie
in einer Verkleidung einher, ſo daß er ſelbſt,
von Zeit zu Zeit ſeinen Vater anſehend, ſich des
Laͤchelns nicht enthalten konnte. Die Krone,
welche man ſehr hatte fuͤttern muͤſſen, ſtand
wie ein uͤbergreifendes Dach vom Kopf ab.
Die Dalmatica, die Stola, ſo gut ſie auch
angepaßt und eingenaͤht worden, gewaͤhrte doch
keinswegs ein vortheilhaftes Ausſehen. Scep¬
ter und Reichsapfel ſetzten in Verwunderung;
aber man konnte ſich nicht laͤugnen, daß man
lieber eine maͤchtige, dem Anzuge gewachſene
Geſtalt, um der guͤnſtigern Wirkung willen,
damit bekleidet und ausgeſchmuͤckt geſehen
haͤtte.

Kaum waren die Pforten des großen
Saales hinter dieſen Geſtalten wieder geſchloſ¬

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[484/0500] ganz bequem, und ſein treuherzig wuͤrdiges Geſicht gab zugleich den Kaiſer und den Va¬ ter zu erkennen. Der junge Koͤnig hingegen ſchleppte ſich in den ungeheuren Gewandſtuͤ¬ cken mit den Kleinodien Carls des großen, wie in einer Verkleidung einher, ſo daß er ſelbſt, von Zeit zu Zeit ſeinen Vater anſehend, ſich des Laͤchelns nicht enthalten konnte. Die Krone, welche man ſehr hatte fuͤttern muͤſſen, ſtand wie ein uͤbergreifendes Dach vom Kopf ab. Die Dalmatica, die Stola, ſo gut ſie auch angepaßt und eingenaͤht worden, gewaͤhrte doch keinswegs ein vortheilhaftes Ausſehen. Scep¬ ter und Reichsapfel ſetzten in Verwunderung; aber man konnte ſich nicht laͤugnen, daß man lieber eine maͤchtige, dem Anzuge gewachſene Geſtalt, um der guͤnſtigern Wirkung willen, damit bekleidet und ausgeſchmuͤckt geſehen haͤtte. Kaum waren die Pforten des großen Saales hinter dieſen Geſtalten wieder geſchloſ¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/500>, abgerufen am 24.11.2024.