teten goldnen Bulle erinnert. Nicht allein die zum Geschäft Verordneten und ihre Be¬ gleiter, sondern manche Standes- und andre Personen, die aus Neugier oder zu Privat¬ zwecken herankommen, stehen unter Protec¬ tion, und die Frage: wer eigentlich einquar¬ tiert wird und wer selbst sich eine Wohnung miethen, soll? ist nicht immer sogleich entschie¬ den. Das Getümmel wächst, und selbst diejenigen die nichts dabey zu leisten oder zu verantworten haben, fangen an sich unbehag¬ lich zu fühlen.
Selbst wir jungen Leute, die wir das alles wohl mit ansehen konnten, fanden doch immer nicht genug Befriedigung für unsere Augen, für unsre Einbildungskraft. Die spanischen Mantelkleider, die großen Feder¬ hüte der Gesandten und hie und da noch ei¬ niges andere, gaben wohl ein ächt alterthüm¬ liches Ansehen; manches dagegen war wieder so halb neu oder ganz modern, daß überall
teten goldnen Bulle erinnert. Nicht allein die zum Geſchaͤft Verordneten und ihre Be¬ gleiter, ſondern manche Standes- und andre Perſonen, die aus Neugier oder zu Privat¬ zwecken herankommen, ſtehen unter Protec¬ tion, und die Frage: wer eigentlich einquar¬ tiert wird und wer ſelbſt ſich eine Wohnung miethen, ſoll? iſt nicht immer ſogleich entſchie¬ den. Das Getuͤmmel waͤchſt, und ſelbſt diejenigen die nichts dabey zu leiſten oder zu verantworten haben, fangen an ſich unbehag¬ lich zu fuͤhlen.
Selbſt wir jungen Leute, die wir das alles wohl mit anſehen konnten, fanden doch immer nicht genug Befriedigung fuͤr unſere Augen, fuͤr unſre Einbildungskraft. Die ſpaniſchen Mantelkleider, die großen Feder¬ huͤte der Geſandten und hie und da noch ei¬ niges andere, gaben wohl ein aͤcht alterthuͤm¬ liches Anſehen; manches dagegen war wieder ſo halb neu oder ganz modern, daß uͤberall
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teten goldnen Bulle erinnert. Nicht allein
die zum Geſchaͤft Verordneten und ihre Be¬
gleiter, ſondern manche Standes- und andre
Perſonen, die aus Neugier oder zu Privat¬
zwecken herankommen, ſtehen unter Protec¬
tion, und die Frage: wer eigentlich einquar¬
tiert wird und wer ſelbſt ſich eine Wohnung
miethen, ſoll? iſt nicht immer ſogleich entſchie¬
den. Das Getuͤmmel waͤchſt, und ſelbſt
diejenigen die nichts dabey zu leiſten oder zu
verantworten haben, fangen an ſich unbehag¬
lich zu fuͤhlen.
Selbſt wir jungen Leute, die wir das
alles wohl mit anſehen konnten, fanden doch
immer nicht genug Befriedigung fuͤr unſere
Augen, fuͤr unſre Einbildungskraft. Die
ſpaniſchen Mantelkleider, die großen Feder¬
huͤte der Geſandten und hie und da noch ei¬
niges andere, gaben wohl ein aͤcht alterthuͤm¬
liches Anſehen; manches dagegen war wieder
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/452>, abgerufen am 24.11.2024.
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