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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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nungsdiarien der beyden letzten Krönungen
mit mir durchgehen, nicht weniger die letzten
Wahlcapitulationen, um alsdann zu bemer¬
ken, was für neue Bedingungen man im
gegenwärtigen Falle hinzufügen werde. Die
Diarien wurden aufgeschlagen, und wir beschäf¬
tigten uns den ganzen Tag damit bis tief
in die Nacht, indessen mir das hübsche Mäd¬
chen, bald in ihrem alten Hauskleide, bald
in ihrem neuen Costum, immer zwischen den
höchsten Gegenständen des heiligen römischen
Reichs hin und wieder schwebte. Für diesen
Abend war es unmöglich sie zu sehen, und
ich durchwachte eine sehr unruhige Nacht.
Das gestrige Studium wurde den andern
Tag eifrig fortgesetzt, und nur gegen Abend
machte ich es möglich, meine Schöne zu besu¬
chen, die ich wieder in ihrem gewöhnlichen
Hauskleide fand. Sie lächelte, indem sie
mich ansah, aber ich getraute mich nicht vor
den andern etwas zu erwähnen. Als die
ganze Gesellschaft wieder ruhig zusammensaß.

nungsdiarien der beyden letzten Kroͤnungen
mit mir durchgehen, nicht weniger die letzten
Wahlcapitulationen, um alsdann zu bemer¬
ken, was fuͤr neue Bedingungen man im
gegenwaͤrtigen Falle hinzufuͤgen werde. Die
Diarien wurden aufgeſchlagen, und wir beſchaͤf¬
tigten uns den ganzen Tag damit bis tief
in die Nacht, indeſſen mir das huͤbſche Maͤd¬
chen, bald in ihrem alten Hauskleide, bald
in ihrem neuen Coſtum, immer zwiſchen den
hoͤchſten Gegenſtaͤnden des heiligen roͤmiſchen
Reichs hin und wieder ſchwebte. Fuͤr dieſen
Abend war es unmoͤglich ſie zu ſehen, und
ich durchwachte eine ſehr unruhige Nacht.
Das geſtrige Studium wurde den andern
Tag eifrig fortgeſetzt, und nur gegen Abend
machte ich es moͤglich, meine Schoͤne zu beſu¬
chen, die ich wieder in ihrem gewoͤhnlichen
Hauskleide fand. Sie laͤchelte, indem ſie
mich anſah, aber ich getraute mich nicht vor
den andern etwas zu erwaͤhnen. Als die
ganze Geſellſchaft wieder ruhig zuſammenſaß.

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[423/0439] nungsdiarien der beyden letzten Kroͤnungen mit mir durchgehen, nicht weniger die letzten Wahlcapitulationen, um alsdann zu bemer¬ ken, was fuͤr neue Bedingungen man im gegenwaͤrtigen Falle hinzufuͤgen werde. Die Diarien wurden aufgeſchlagen, und wir beſchaͤf¬ tigten uns den ganzen Tag damit bis tief in die Nacht, indeſſen mir das huͤbſche Maͤd¬ chen, bald in ihrem alten Hauskleide, bald in ihrem neuen Coſtum, immer zwiſchen den hoͤchſten Gegenſtaͤnden des heiligen roͤmiſchen Reichs hin und wieder ſchwebte. Fuͤr dieſen Abend war es unmoͤglich ſie zu ſehen, und ich durchwachte eine ſehr unruhige Nacht. Das geſtrige Studium wurde den andern Tag eifrig fortgeſetzt, und nur gegen Abend machte ich es moͤglich, meine Schoͤne zu beſu¬ chen, die ich wieder in ihrem gewoͤhnlichen Hauskleide fand. Sie laͤchelte, indem ſie mich anſah, aber ich getraute mich nicht vor den andern etwas zu erwaͤhnen. Als die ganze Geſellſchaft wieder ruhig zuſammenſaß.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/439>, abgerufen am 22.11.2024.