Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir waren nun heran gewachsen, und dem
Schlendriane nach sollten wir auch neben an¬
dern Dingen fechten und reiten lernen, um
uns gelegentlich unserer Haut zu wehren,
und zu Pferde kein schülerhaftes Ansehn zu
haben. Was den ersten Punct betrifft, so
war uns eine solche Uebung sehr angenehm:
denn wir hatten uns schon längst Haurapiere
von Haselstöcken, mit Körben von Weiden
sauber geflochten, um die Hand zu schützen,
zu verschaffen gewußt. Nun durften wir
uns wirklich stählerne Klingen zulegen, und
das Gerassel was wir damit machten, war
sehr lebhaft.

Zwey Fechtmeister befanden sich in der
Stadt: ein älterer ernster Deutscher, der auf
die strenge und tüchtige Weise zu Werke
ging, und ein Franzose, der seinen Vortheil
durch avanciren und retiriren, durch leichte
flüchtige Stöße, welche stets mit einigen
Ausrufungen begleitet waren, zu erreichen

Wir waren nun heran gewachſen, und dem
Schlendriane nach ſollten wir auch neben an¬
dern Dingen fechten und reiten lernen, um
uns gelegentlich unſerer Haut zu wehren,
und zu Pferde kein ſchuͤlerhaftes Anſehn zu
haben. Was den erſten Punct betrifft, ſo
war uns eine ſolche Uebung ſehr angenehm:
denn wir hatten uns ſchon laͤngſt Haurapiere
von Haſelſtoͤcken, mit Koͤrben von Weiden
ſauber geflochten, um die Hand zu ſchuͤtzen,
zu verſchaffen gewußt. Nun durften wir
uns wirklich ſtaͤhlerne Klingen zulegen, und
das Geraſſel was wir damit machten, war
ſehr lebhaft.

Zwey Fechtmeiſter befanden ſich in der
Stadt: ein aͤlterer ernſter Deutſcher, der auf
die ſtrenge und tuͤchtige Weiſe zu Werke
ging, und ein Franzoſe, der ſeinen Vortheil
durch avanciren und retiriren, durch leichte
fluͤchtige Stoͤße, welche ſtets mit einigen
Ausrufungen begleitet waren, zu erreichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0358" n="342"/>
        <p>Wir waren nun heran gewach&#x017F;en, und dem<lb/>
Schlendriane nach &#x017F;ollten wir auch neben an¬<lb/>
dern Dingen fechten und reiten lernen, um<lb/>
uns gelegentlich un&#x017F;erer Haut zu wehren,<lb/>
und zu Pferde kein &#x017F;chu&#x0364;lerhaftes An&#x017F;ehn zu<lb/>
haben. Was den er&#x017F;ten Punct betrifft, &#x017F;o<lb/>
war uns eine &#x017F;olche Uebung &#x017F;ehr angenehm:<lb/>
denn wir hatten uns &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t Haurapiere<lb/>
von Ha&#x017F;el&#x017F;to&#x0364;cken, mit Ko&#x0364;rben von Weiden<lb/>
&#x017F;auber geflochten, um die Hand zu &#x017F;chu&#x0364;tzen,<lb/>
zu ver&#x017F;chaffen gewußt. Nun durften wir<lb/>
uns wirklich &#x017F;ta&#x0364;hlerne Klingen zulegen, und<lb/>
das Gera&#x017F;&#x017F;el was wir damit machten, war<lb/>
&#x017F;ehr lebhaft.</p><lb/>
        <p>Zwey Fechtmei&#x017F;ter befanden &#x017F;ich in der<lb/>
Stadt: ein a&#x0364;lterer ern&#x017F;ter Deut&#x017F;cher, der auf<lb/>
die &#x017F;trenge und tu&#x0364;chtige Wei&#x017F;e zu Werke<lb/>
ging, und ein Franzo&#x017F;e, der &#x017F;einen Vortheil<lb/>
durch avanciren und retiriren, durch leichte<lb/>
flu&#x0364;chtige Sto&#x0364;ße, welche &#x017F;tets mit einigen<lb/>
Ausrufungen begleitet waren, zu erreichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0358] Wir waren nun heran gewachſen, und dem Schlendriane nach ſollten wir auch neben an¬ dern Dingen fechten und reiten lernen, um uns gelegentlich unſerer Haut zu wehren, und zu Pferde kein ſchuͤlerhaftes Anſehn zu haben. Was den erſten Punct betrifft, ſo war uns eine ſolche Uebung ſehr angenehm: denn wir hatten uns ſchon laͤngſt Haurapiere von Haſelſtoͤcken, mit Koͤrben von Weiden ſauber geflochten, um die Hand zu ſchuͤtzen, zu verſchaffen gewußt. Nun durften wir uns wirklich ſtaͤhlerne Klingen zulegen, und das Geraſſel was wir damit machten, war ſehr lebhaft. Zwey Fechtmeiſter befanden ſich in der Stadt: ein aͤlterer ernſter Deutſcher, der auf die ſtrenge und tuͤchtige Weiſe zu Werke ging, und ein Franzoſe, der ſeinen Vortheil durch avanciren und retiriren, durch leichte fluͤchtige Stoͤße, welche ſtets mit einigen Ausrufungen begleitet waren, zu erreichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/358
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/358>, abgerufen am 28.11.2024.