für ihn auf einen Zustand denken mußten; so fielen sie auf den Gedanken, ihn eine Pension errichten zu lassen, die sich nach und nach zu einer kleinen Schulanstalt er¬ weiterte, in der man alles Nothwendige, ja zuletzt sogar Lateinisch und Griechisch lehrte. Die weitverbreiteten Connexionen von Frank¬ furt gaben Gelegenheit, daß junge Franzosen und Engländer, um Deutsch zu lernen und sonst sich auszubilden, dieser Anstalt anver¬ traut wurden. Pfeil, der ein Mann in sei¬ nen besten Jahren, von der wundersamsten Energie und Thätigkeit war, stand dem Ganzen sehr lobenswürdig vor, und weil er nie genug beschäftigt seyn konnte; so warf er sich bey Gelegenheit, da er seinen Schülern Musikmeister halten mußte, selbst in die Musik, und betrieb das Clavierspielen mit solchem Eifer, daß er, der niemals vorher eine Taste angerührt hatte, sehr bald recht fertig und brav spielte. Er schien die Ma¬ xime meines Vaters angenommen zu haben,
fuͤr ihn auf einen Zuſtand denken mußten; ſo fielen ſie auf den Gedanken, ihn eine Penſion errichten zu laſſen, die ſich nach und nach zu einer kleinen Schulanſtalt er¬ weiterte, in der man alles Nothwendige, ja zuletzt ſogar Lateiniſch und Griechiſch lehrte. Die weitverbreiteten Connexionen von Frank¬ furt gaben Gelegenheit, daß junge Franzoſen und Englaͤnder, um Deutſch zu lernen und ſonſt ſich auszubilden, dieſer Anſtalt anver¬ traut wurden. Pfeil, der ein Mann in ſei¬ nen beſten Jahren, von der wunderſamſten Energie und Thaͤtigkeit war, ſtand dem Ganzen ſehr lobenswuͤrdig vor, und weil er nie genug beſchaͤftigt ſeyn konnte; ſo warf er ſich bey Gelegenheit, da er ſeinen Schuͤlern Muſikmeiſter halten mußte, ſelbſt in die Muſik, und betrieb das Clavierſpielen mit ſolchem Eifer, daß er, der niemals vorher eine Taſte angeruͤhrt hatte, ſehr bald recht fertig und brav ſpielte. Er ſchien die Ma¬ xime meines Vaters angenommen zu haben,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0293"n="277"/>
fuͤr ihn auf einen Zuſtand denken mußten;<lb/>ſo fielen ſie auf den Gedanken, ihn eine<lb/>
Penſion errichten zu laſſen, die ſich nach<lb/>
und nach zu einer kleinen Schulanſtalt er¬<lb/>
weiterte, in der man alles Nothwendige, ja<lb/>
zuletzt ſogar Lateiniſch und Griechiſch lehrte.<lb/>
Die weitverbreiteten Connexionen von Frank¬<lb/>
furt gaben Gelegenheit, daß junge Franzoſen<lb/>
und Englaͤnder, um Deutſch zu lernen und<lb/>ſonſt ſich auszubilden, dieſer Anſtalt anver¬<lb/>
traut wurden. Pfeil, der ein Mann in ſei¬<lb/>
nen beſten Jahren, von der wunderſamſten<lb/>
Energie und Thaͤtigkeit war, ſtand dem<lb/>
Ganzen ſehr lobenswuͤrdig vor, und weil er<lb/>
nie genug beſchaͤftigt ſeyn konnte; ſo warf er<lb/>ſich bey Gelegenheit, da er ſeinen Schuͤlern<lb/>
Muſikmeiſter halten mußte, ſelbſt in die<lb/>
Muſik, und betrieb das Clavierſpielen mit<lb/>ſolchem Eifer, daß er, der niemals vorher<lb/>
eine Taſte angeruͤhrt hatte, ſehr bald recht<lb/>
fertig und brav ſpielte. Er ſchien die Ma¬<lb/>
xime meines Vaters angenommen zu haben,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[277/0293]
fuͤr ihn auf einen Zuſtand denken mußten;
ſo fielen ſie auf den Gedanken, ihn eine
Penſion errichten zu laſſen, die ſich nach
und nach zu einer kleinen Schulanſtalt er¬
weiterte, in der man alles Nothwendige, ja
zuletzt ſogar Lateiniſch und Griechiſch lehrte.
Die weitverbreiteten Connexionen von Frank¬
furt gaben Gelegenheit, daß junge Franzoſen
und Englaͤnder, um Deutſch zu lernen und
ſonſt ſich auszubilden, dieſer Anſtalt anver¬
traut wurden. Pfeil, der ein Mann in ſei¬
nen beſten Jahren, von der wunderſamſten
Energie und Thaͤtigkeit war, ſtand dem
Ganzen ſehr lobenswuͤrdig vor, und weil er
nie genug beſchaͤftigt ſeyn konnte; ſo warf er
ſich bey Gelegenheit, da er ſeinen Schuͤlern
Muſikmeiſter halten mußte, ſelbſt in die
Muſik, und betrieb das Clavierſpielen mit
ſolchem Eifer, daß er, der niemals vorher
eine Taſte angeruͤhrt hatte, ſehr bald recht
fertig und brav ſpielte. Er ſchien die Ma¬
xime meines Vaters angenommen zu haben,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/293>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.