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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Die Theilnehmenden an diesem Geschäft
wurden also höchst muthlos, besonders See¬
kaz, ein sehr hypochondrischer und in sich
gezogner Mann, der zwar unter Freunden
durch eine unvergleichlich heitre Laune sich
als den besten Gesellschafter bewies, aber
wenn er arbeitete, allein, in sich gekehrt und
völlig frey wirken wollte. Dieser sollte nun,
wenn er schwere Aufgaben gelöst, sie mit
dem größten Fleiß und der wärmsten Liebe,
deren er immer fähig war, vollendet hatte,
zu wiederholten Malen von Darmstadt nach
Frankfurt reisen, um entweder an seinen ei¬
genen Bildern etwas zu verändern, oder
fremde zu staffiren, oder gar unter seinem
Beystand durch einen Dritten seine Bilder
ins Buntschäckige arbeiten zu lassen. Sein
Mismuth nahm zu, sein Widerstand ent¬
schied sich, und es brauchte großer Bemühun¬
gen von unserer Seite, um diesen Gevat¬
ter -- denn auch er war's geworden -- nach
des Grafen Wünschen zu lenken. Ich erin¬

Die Theilnehmenden an dieſem Geſchaͤft
wurden alſo hoͤchſt muthlos, beſonders See¬
kaz, ein ſehr hypochondriſcher und in ſich
gezogner Mann, der zwar unter Freunden
durch eine unvergleichlich heitre Laune ſich
als den beſten Geſellſchafter bewies, aber
wenn er arbeitete, allein, in ſich gekehrt und
voͤllig frey wirken wollte. Dieſer ſollte nun,
wenn er ſchwere Aufgaben geloͤſt, ſie mit
dem groͤßten Fleiß und der waͤrmſten Liebe,
deren er immer faͤhig war, vollendet hatte,
zu wiederholten Malen von Darmſtadt nach
Frankfurt reiſen, um entweder an ſeinen ei¬
genen Bildern etwas zu veraͤndern, oder
fremde zu ſtaffiren, oder gar unter ſeinem
Beyſtand durch einen Dritten ſeine Bilder
ins Buntſchaͤckige arbeiten zu laſſen. Sein
Mismuth nahm zu, ſein Widerſtand ent¬
ſchied ſich, und es brauchte großer Bemuͤhun¬
gen von unſerer Seite, um dieſen Gevat¬
ter — denn auch er war's geworden — nach
des Grafen Wuͤnſchen zu lenken. Ich erin¬

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[255/0271] Die Theilnehmenden an dieſem Geſchaͤft wurden alſo hoͤchſt muthlos, beſonders See¬ kaz, ein ſehr hypochondriſcher und in ſich gezogner Mann, der zwar unter Freunden durch eine unvergleichlich heitre Laune ſich als den beſten Geſellſchafter bewies, aber wenn er arbeitete, allein, in ſich gekehrt und voͤllig frey wirken wollte. Dieſer ſollte nun, wenn er ſchwere Aufgaben geloͤſt, ſie mit dem groͤßten Fleiß und der waͤrmſten Liebe, deren er immer faͤhig war, vollendet hatte, zu wiederholten Malen von Darmſtadt nach Frankfurt reiſen, um entweder an ſeinen ei¬ genen Bildern etwas zu veraͤndern, oder fremde zu ſtaffiren, oder gar unter ſeinem Beyſtand durch einen Dritten ſeine Bilder ins Buntſchaͤckige arbeiten zu laſſen. Sein Mismuth nahm zu, ſein Widerſtand ent¬ ſchied ſich, und es brauchte großer Bemuͤhun¬ gen von unſerer Seite, um dieſen Gevat¬ ter — denn auch er war's geworden — nach des Grafen Wuͤnſchen zu lenken. Ich erin¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/271>, abgerufen am 28.11.2024.