uns; allein es war merklich, und der Gevat¬ ter Dolmetsch wußte es uns noch deutlicher zu machen, daß er sein Amt nicht mehr mit der Heiterkeit, nicht mehr mit dem Eifer verwaltete wie Anfangs, obgleich immer mit derselben Rechtschaffenheit und Treue. Sein Wesen und Betragen, das eher einen Spa¬ nier als einen Franzosen ankündigte, seine Launen, die doch mitunter Einfluß auf ein Geschäft hatten, seine Unbiegsamkeit gegen die Umstände, seine Reizbarkeit gegen alles was seine Person oder Character berührte, dieses zusammen mochte ihn doch zuweilen mit seinen Vorgesetzten in Conflict bringen. Hiezu kam noch, daß er in einem Duell, welches sich im Schauspiel entsponnen hatte, verwundet wurde, und man dem Königs- Lieutenant übel nahm, daß er selbst eine ver¬ pönte Handlung als oberster Polizeymeister begangen. Alles dieses mochte, wie gesagt, dazu beytragen, daß er in sich gezogner
uns; allein es war merklich, und der Gevat¬ ter Dolmetſch wußte es uns noch deutlicher zu machen, daß er ſein Amt nicht mehr mit der Heiterkeit, nicht mehr mit dem Eifer verwaltete wie Anfangs, obgleich immer mit derſelben Rechtſchaffenheit und Treue. Sein Weſen und Betragen, das eher einen Spa¬ nier als einen Franzoſen ankuͤndigte, ſeine Launen, die doch mitunter Einfluß auf ein Geſchaͤft hatten, ſeine Unbiegſamkeit gegen die Umſtaͤnde, ſeine Reizbarkeit gegen alles was ſeine Perſon oder Character beruͤhrte, dieſes zuſammen mochte ihn doch zuweilen mit ſeinen Vorgeſetzten in Conflict bringen. Hiezu kam noch, daß er in einem Duell, welches ſich im Schauſpiel entſponnen hatte, verwundet wurde, und man dem Koͤnigs- Lieutenant uͤbel nahm, daß er ſelbſt eine ver¬ poͤnte Handlung als oberſter Polizeymeiſter begangen. Alles dieſes mochte, wie geſagt, dazu beytragen, daß er in ſich gezogner
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0267"n="251"/>
uns; allein es war merklich, und der Gevat¬<lb/>
ter Dolmetſch wußte es uns noch deutlicher<lb/>
zu machen, daß er ſein Amt nicht mehr mit<lb/>
der Heiterkeit, nicht mehr mit dem Eifer<lb/>
verwaltete wie Anfangs, obgleich immer mit<lb/>
derſelben Rechtſchaffenheit und Treue. Sein<lb/>
Weſen und Betragen, das eher einen Spa¬<lb/>
nier als einen Franzoſen ankuͤndigte, ſeine<lb/>
Launen, die doch mitunter Einfluß auf ein<lb/>
Geſchaͤft hatten, ſeine Unbiegſamkeit gegen<lb/>
die Umſtaͤnde, ſeine Reizbarkeit gegen alles<lb/>
was ſeine Perſon oder Character beruͤhrte,<lb/>
dieſes zuſammen mochte ihn doch zuweilen<lb/>
mit ſeinen Vorgeſetzten in Conflict bringen.<lb/>
Hiezu kam noch, daß er in einem Duell,<lb/>
welches ſich im Schauſpiel entſponnen hatte,<lb/>
verwundet wurde, und man dem Koͤnigs-<lb/>
Lieutenant uͤbel nahm, daß er ſelbſt eine ver¬<lb/>
poͤnte Handlung als oberſter Polizeymeiſter<lb/>
begangen. Alles dieſes mochte, wie geſagt,<lb/>
dazu beytragen, daß er in ſich gezogner<lb/></p></div></body></text></TEI>
[251/0267]
uns; allein es war merklich, und der Gevat¬
ter Dolmetſch wußte es uns noch deutlicher
zu machen, daß er ſein Amt nicht mehr mit
der Heiterkeit, nicht mehr mit dem Eifer
verwaltete wie Anfangs, obgleich immer mit
derſelben Rechtſchaffenheit und Treue. Sein
Weſen und Betragen, das eher einen Spa¬
nier als einen Franzoſen ankuͤndigte, ſeine
Launen, die doch mitunter Einfluß auf ein
Geſchaͤft hatten, ſeine Unbiegſamkeit gegen
die Umſtaͤnde, ſeine Reizbarkeit gegen alles
was ſeine Perſon oder Character beruͤhrte,
dieſes zuſammen mochte ihn doch zuweilen
mit ſeinen Vorgeſetzten in Conflict bringen.
Hiezu kam noch, daß er in einem Duell,
welches ſich im Schauſpiel entſponnen hatte,
verwundet wurde, und man dem Koͤnigs-
Lieutenant uͤbel nahm, daß er ſelbſt eine ver¬
poͤnte Handlung als oberſter Polizeymeiſter
begangen. Alles dieſes mochte, wie geſagt,
dazu beytragen, daß er in ſich gezogner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/267>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.