Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht zu Euren Füßen geschickt: denn ich
weiß, daß Euch solche Scenen verdrießlich
sind; aber ich will Euch die Frau, die Kin¬
der schildern, wie sie Euch danken; ich will
sie Euch schildern, wie sie sich zeitlebens von
dem Tage der Schlacht bey Bergen, und
von Eurer Großmuth an diesem Tage unter¬
halten, wie sie es Kindern und Kindeskin¬
dern erzählen, und auch Fremden ihr Inter¬
esse für Euch einzuflößen wissen: eine Hand¬
lung dieser Art kann nicht untergehen!

"Ihr trefft meine schwache Seite nicht,
Dolmetscher. An den Nachruhm pfleg' ich
nicht zu denken, der ist für andere, nicht für
mich; aber im Augenblick recht zu thun,
meine Pflicht nicht zu versäumen, meiner
Ehre nichts zu vergeben, das ist meine
Sorge. Wir haben schon zu viel Worte ge¬
macht; jetzt geht hin -- und laßt Euch von
den Undankbaren danken, die ich verschone!"

nicht zu Euren Fuͤßen geſchickt: denn ich
weiß, daß Euch ſolche Scenen verdrießlich
ſind; aber ich will Euch die Frau, die Kin¬
der ſchildern, wie ſie Euch danken; ich will
ſie Euch ſchildern, wie ſie ſich zeitlebens von
dem Tage der Schlacht bey Bergen, und
von Eurer Großmuth an dieſem Tage unter¬
halten, wie ſie es Kindern und Kindeskin¬
dern erzaͤhlen, und auch Fremden ihr Inter¬
eſſe fuͤr Euch einzufloͤßen wiſſen: eine Hand¬
lung dieſer Art kann nicht untergehen!

„Ihr trefft meine ſchwache Seite nicht,
Dolmetſcher. An den Nachruhm pfleg' ich
nicht zu denken, der iſt fuͤr andere, nicht fuͤr
mich; aber im Augenblick recht zu thun,
meine Pflicht nicht zu verſaͤumen, meiner
Ehre nichts zu vergeben, das iſt meine
Sorge. Wir haben ſchon zu viel Worte ge¬
macht; jetzt geht hin — und laßt Euch von
den Undankbaren danken, die ich verſchone!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0254" n="238"/>
nicht zu Euren Fu&#x0364;ßen ge&#x017F;chickt: denn ich<lb/>
weiß, daß Euch &#x017F;olche Scenen verdrießlich<lb/>
&#x017F;ind; aber ich will Euch die Frau, die Kin¬<lb/>
der &#x017F;childern, wie &#x017F;ie Euch danken; ich will<lb/>
&#x017F;ie Euch &#x017F;childern, wie &#x017F;ie &#x017F;ich zeitlebens von<lb/>
dem Tage der Schlacht bey Bergen, und<lb/>
von Eurer Großmuth an die&#x017F;em Tage unter¬<lb/>
halten, wie &#x017F;ie es Kindern und Kindeskin¬<lb/>
dern erza&#x0364;hlen, und auch Fremden ihr Inter¬<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r Euch einzuflo&#x0364;ßen wi&#x017F;&#x017F;en: eine Hand¬<lb/>
lung die&#x017F;er Art kann nicht untergehen!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ihr trefft meine &#x017F;chwache Seite nicht,<lb/>
Dolmet&#x017F;cher. An den Nachruhm pfleg' ich<lb/>
nicht zu denken, der i&#x017F;t fu&#x0364;r andere, nicht fu&#x0364;r<lb/>
mich; aber im Augenblick recht zu thun,<lb/>
meine Pflicht nicht zu ver&#x017F;a&#x0364;umen, meiner<lb/>
Ehre nichts zu vergeben, das i&#x017F;t meine<lb/>
Sorge. Wir haben &#x017F;chon zu viel Worte ge¬<lb/>
macht; jetzt geht hin &#x2014; und laßt Euch von<lb/>
den Undankbaren danken, die ich ver&#x017F;chone!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0254] nicht zu Euren Fuͤßen geſchickt: denn ich weiß, daß Euch ſolche Scenen verdrießlich ſind; aber ich will Euch die Frau, die Kin¬ der ſchildern, wie ſie Euch danken; ich will ſie Euch ſchildern, wie ſie ſich zeitlebens von dem Tage der Schlacht bey Bergen, und von Eurer Großmuth an dieſem Tage unter¬ halten, wie ſie es Kindern und Kindeskin¬ dern erzaͤhlen, und auch Fremden ihr Inter¬ eſſe fuͤr Euch einzufloͤßen wiſſen: eine Hand¬ lung dieſer Art kann nicht untergehen! „Ihr trefft meine ſchwache Seite nicht, Dolmetſcher. An den Nachruhm pfleg' ich nicht zu denken, der iſt fuͤr andere, nicht fuͤr mich; aber im Augenblick recht zu thun, meine Pflicht nicht zu verſaͤumen, meiner Ehre nichts zu vergeben, das iſt meine Sorge. Wir haben ſchon zu viel Worte ge¬ macht; jetzt geht hin — und laßt Euch von den Undankbaren danken, die ich verſchone!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/254
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/254>, abgerufen am 24.11.2024.