Vor allen erinnere ich mich des Prinzen Sou¬ bise als eines schönen leutseligen Herrn; am deutlichsten aber des Marschalls von Broglio als eines jüngern, nicht großen aber wohlgebauten, lebhaften, geistreich um sich blickenden, behenden Mannes.
Er kam mehrmals zum Königs-Lieutenant, und man merkte wohl, daß von wichtigen Dingen die Rede war. Wir hatten uns im ersten Vierteljahr der Einquartierung kaum in diesen neuen Zustand gefunden, als schon die Nachricht sich dunkel verbreitete: die Alliirten seyen im Anmarsch, und Herzog Ferdi¬ nand von Braunschweig komme, die Fran¬ zosen vom Main zu vertreiben. Man hatte von diesen, die sich keines besondern Kriegs¬ glückes rühmen konnten, nicht die größte Vorstellung, und seit der Schlacht von Ros¬ bach glaubte man sie verachten zu dürfen; auf den Herzog Ferdinand setzte man das größte Vertrauen, und alle preußisch Ge¬
Vor allen erinnere ich mich des Prinzen Sou¬ biſe als eines ſchoͤnen leutſeligen Herrn; am deutlichſten aber des Marſchalls von Broglio als eines juͤngern, nicht großen aber wohlgebauten, lebhaften, geiſtreich um ſich blickenden, behenden Mannes.
Er kam mehrmals zum Koͤnigs-Lieutenant, und man merkte wohl, daß von wichtigen Dingen die Rede war. Wir hatten uns im erſten Vierteljahr der Einquartierung kaum in dieſen neuen Zuſtand gefunden, als ſchon die Nachricht ſich dunkel verbreitete: die Alliirten ſeyen im Anmarſch, und Herzog Ferdi¬ nand von Braunſchweig komme, die Fran¬ zoſen vom Main zu vertreiben. Man hatte von dieſen, die ſich keines beſondern Kriegs¬ gluͤckes ruͤhmen konnten, nicht die groͤßte Vorſtellung, und ſeit der Schlacht von Ros¬ bach glaubte man ſie verachten zu duͤrfen; auf den Herzog Ferdinand ſetzte man das groͤßte Vertrauen, und alle preußiſch Ge¬
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Vor allen erinnere ich mich des Prinzen Sou¬
biſe als eines ſchoͤnen leutſeligen Herrn;
am deutlichſten aber des Marſchalls von
Broglio als eines juͤngern, nicht großen
aber wohlgebauten, lebhaften, geiſtreich um
ſich blickenden, behenden Mannes.
Er kam mehrmals zum Koͤnigs-Lieutenant,
und man merkte wohl, daß von wichtigen
Dingen die Rede war. Wir hatten uns im
erſten Vierteljahr der Einquartierung kaum in
dieſen neuen Zuſtand gefunden, als ſchon die
Nachricht ſich dunkel verbreitete: die Alliirten
ſeyen im Anmarſch, und Herzog Ferdi¬
nand von Braunſchweig komme, die Fran¬
zoſen vom Main zu vertreiben. Man hatte
von dieſen, die ſich keines beſondern Kriegs¬
gluͤckes ruͤhmen konnten, nicht die groͤßte
Vorſtellung, und ſeit der Schlacht von Ros¬
bach glaubte man ſie verachten zu duͤrfen;
auf den Herzog Ferdinand ſetzte man das
groͤßte Vertrauen, und alle preußiſch Ge¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/236>, abgerufen am 21.11.2024.
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