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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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im Innersten der Familie vorging. Da, wie
gesagt, zwischen den Acten der Vorhang
nicht niedergelassen wurde; so lösten, bey ein¬
fallender Musik, zwey andere dergestalt ab,
daß sie aus den Culissen ganz strack vor jene
hintraten, welche sich dann eben so gemessent¬
lich zurückzogen. Wenn nun eine solche An¬
stalt recht dazu geeignet war, alles was man
beym Theater Illusion nennt, aufzuheben; so
fällt es um so mehr auf, daß dieses zu einer
Zeit geschah, wo nach Diderots Grundsätzen
und Beyspielen die natürlichste Natürlichkeit
auf der Bühne gefordert, und eine vollkom¬
mene Täuschung als das eigentliche Ziel der
theatralischen Kunst angegeben wurde. Von
einer solchen militärischen Polizeyanstalt war
jedoch die Tragödie entbunden, und die Hel¬
den des Alterthums hatten das Recht sich
selbst zu bewachen; die gedachten Grenadiere
standen indeß nahe genug hinter den Cu¬
lissen.

im Innerſten der Familie vorging. Da, wie
geſagt, zwiſchen den Acten der Vorhang
nicht niedergelaſſen wurde; ſo loͤſten, bey ein¬
fallender Muſik, zwey andere dergeſtalt ab,
daß ſie aus den Culiſſen ganz ſtrack vor jene
hintraten, welche ſich dann eben ſo gemeſſent¬
lich zuruͤckzogen. Wenn nun eine ſolche An¬
ſtalt recht dazu geeignet war, alles was man
beym Theater Illuſion nennt, aufzuheben; ſo
faͤllt es um ſo mehr auf, daß dieſes zu einer
Zeit geſchah, wo nach Diderots Grundſaͤtzen
und Beyſpielen die natuͤrlichſte Natuͤrlichkeit
auf der Buͤhne gefordert, und eine vollkom¬
mene Taͤuſchung als das eigentliche Ziel der
theatraliſchen Kunſt angegeben wurde. Von
einer ſolchen militaͤriſchen Polizeyanſtalt war
jedoch die Tragoͤdie entbunden, und die Hel¬
den des Alterthums hatten das Recht ſich
ſelbſt zu bewachen; die gedachten Grenadiere
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[213/0229] im Innerſten der Familie vorging. Da, wie geſagt, zwiſchen den Acten der Vorhang nicht niedergelaſſen wurde; ſo loͤſten, bey ein¬ fallender Muſik, zwey andere dergeſtalt ab, daß ſie aus den Culiſſen ganz ſtrack vor jene hintraten, welche ſich dann eben ſo gemeſſent¬ lich zuruͤckzogen. Wenn nun eine ſolche An¬ ſtalt recht dazu geeignet war, alles was man beym Theater Illuſion nennt, aufzuheben; ſo faͤllt es um ſo mehr auf, daß dieſes zu einer Zeit geſchah, wo nach Diderots Grundſaͤtzen und Beyſpielen die natuͤrlichſte Natuͤrlichkeit auf der Buͤhne gefordert, und eine vollkom¬ mene Taͤuſchung als das eigentliche Ziel der theatraliſchen Kunſt angegeben wurde. Von einer ſolchen militaͤriſchen Polizeyanſtalt war jedoch die Tragoͤdie entbunden, und die Hel¬ den des Alterthums hatten das Recht ſich ſelbſt zu bewachen; die gedachten Grenadiere ſtanden indeß nahe genug hinter den Cu¬ liſſen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/229>, abgerufen am 24.11.2024.