Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.kannt, welche man nach und nach in jenes kannt, welche man nach und nach in jenes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0217" n="201"/> kannt, welche man nach und nach in jenes<lb/> Zimmer gebracht hatte. Meine jugendliche<lb/> Neugierde ließ nichts ungeſehen und unun¬<lb/> terſucht. Einſt fand ich hinter dem Ofen ein<lb/> ſchwarzes Kaͤſtchen; ich ermangelte nicht, zu<lb/> forſchen was darin verborgen ſey, und ohne<lb/> mich lange zu beſinnen zog ich den Schieber<lb/> weg. Das darin enthaltene Gemaͤlde war<lb/> freylich von der Art, die man den Augen<lb/> nicht auszuſtellen pflegt, und ob ich es gleich<lb/> alſobald wieder zuzuſchieben Anſtalt machte,<lb/> ſo konnte ich doch nicht geſchwind genug da¬<lb/> mit fertig werden. Der Graf trat herein<lb/> und ertappte mich. — „Wer hat Euch er¬<lb/> laubt dieſes Kaͤſtchen zu eroͤffnen?“ ſagte er<lb/> mit ſeiner Koͤnigslieutenants-Miene. Ich<lb/> hatte nicht viel darauf zu antworten, und<lb/> er ſprach ſogleich die Strafe ſehr ernſthaft<lb/> aus: „Ihr werdet in acht Tagen, ſagte er,<lb/> dieſes Zimmer nicht betreten.“ — Ich machte<lb/> eine Verbeugung und ging hinaus. Auch ge¬<lb/> horchte ich dieſem Gebot aufs puͤnctlichſte,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [201/0217]
kannt, welche man nach und nach in jenes
Zimmer gebracht hatte. Meine jugendliche
Neugierde ließ nichts ungeſehen und unun¬
terſucht. Einſt fand ich hinter dem Ofen ein
ſchwarzes Kaͤſtchen; ich ermangelte nicht, zu
forſchen was darin verborgen ſey, und ohne
mich lange zu beſinnen zog ich den Schieber
weg. Das darin enthaltene Gemaͤlde war
freylich von der Art, die man den Augen
nicht auszuſtellen pflegt, und ob ich es gleich
alſobald wieder zuzuſchieben Anſtalt machte,
ſo konnte ich doch nicht geſchwind genug da¬
mit fertig werden. Der Graf trat herein
und ertappte mich. — „Wer hat Euch er¬
laubt dieſes Kaͤſtchen zu eroͤffnen?“ ſagte er
mit ſeiner Koͤnigslieutenants-Miene. Ich
hatte nicht viel darauf zu antworten, und
er ſprach ſogleich die Strafe ſehr ernſthaft
aus: „Ihr werdet in acht Tagen, ſagte er,
dieſes Zimmer nicht betreten.“ — Ich machte
eine Verbeugung und ging hinaus. Auch ge¬
horchte ich dieſem Gebot aufs puͤnctlichſte,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |