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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Ruhm erworben, daß ich gleich zu sagen
wisse, was irgend ein historisches Bild vor¬
stelle, es sey nun aus der biblischen oder der
Profangeschichte oder aus der Mythologie ge¬
nommen; und wenn ich auch den Sinn der
allegorischen Bilder nicht immer traf, so war
doch selten Jemand gegenwärtig, der es bes¬
ser verstand als ich. So hatte ich auch öf¬
ters die Künstler vermocht, diesen oder jenen
Gegenstand vorzustellen, und solcher Vortheile
bediente ich mich gegenwärtig mit Lust und
Liebe. Ich erinnere mich noch, daß ich ei¬
nen umständlichen Aufsatz verfertigte, worin
ich zwölf Bilder beschrieb, welche die Ge¬
schichte Josephs darstellen sollten: einige da¬
von wurden ausgeführt.

Nach diesen, für einen Knaben allerdings
löblichen Verrichtungen, will ich auch einer
kleinen Beschämung, die mir innerhalb dieses
Künstlerkreises begegnete, Erwähnung thun.
Ich war nämlich mit allen Bildern wohl be¬

Ruhm erworben, daß ich gleich zu ſagen
wiſſe, was irgend ein hiſtoriſches Bild vor¬
ſtelle, es ſey nun aus der bibliſchen oder der
Profangeſchichte oder aus der Mythologie ge¬
nommen; und wenn ich auch den Sinn der
allegoriſchen Bilder nicht immer traf, ſo war
doch ſelten Jemand gegenwaͤrtig, der es beſ¬
ſer verſtand als ich. So hatte ich auch oͤf¬
ters die Kuͤnſtler vermocht, dieſen oder jenen
Gegenſtand vorzuſtellen, und ſolcher Vortheile
bediente ich mich gegenwaͤrtig mit Luſt und
Liebe. Ich erinnere mich noch, daß ich ei¬
nen umſtaͤndlichen Aufſatz verfertigte, worin
ich zwoͤlf Bilder beſchrieb, welche die Ge¬
ſchichte Joſephs darſtellen ſollten: einige da¬
von wurden ausgefuͤhrt.

Nach dieſen, fuͤr einen Knaben allerdings
loͤblichen Verrichtungen, will ich auch einer
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[200/0216] Ruhm erworben, daß ich gleich zu ſagen wiſſe, was irgend ein hiſtoriſches Bild vor¬ ſtelle, es ſey nun aus der bibliſchen oder der Profangeſchichte oder aus der Mythologie ge¬ nommen; und wenn ich auch den Sinn der allegoriſchen Bilder nicht immer traf, ſo war doch ſelten Jemand gegenwaͤrtig, der es beſ¬ ſer verſtand als ich. So hatte ich auch oͤf¬ ters die Kuͤnſtler vermocht, dieſen oder jenen Gegenſtand vorzuſtellen, und ſolcher Vortheile bediente ich mich gegenwaͤrtig mit Luſt und Liebe. Ich erinnere mich noch, daß ich ei¬ nen umſtaͤndlichen Aufſatz verfertigte, worin ich zwoͤlf Bilder beſchrieb, welche die Ge¬ ſchichte Joſephs darſtellen ſollten: einige da¬ von wurden ausgefuͤhrt. Nach dieſen, fuͤr einen Knaben allerdings loͤblichen Verrichtungen, will ich auch einer kleinen Beſchaͤmung, die mir innerhalb dieſes Kuͤnſtlerkreiſes begegnete, Erwaͤhnung thun. Ich war naͤmlich mit allen Bildern wohl be¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/216>, abgerufen am 21.11.2024.