chische Reiterey. Die Heere standen gegen einander, und man konnte nichts schöneres sehen. Es waren nicht etwa flache bleyerne Reiter, wie die unsrigen, sondern Mann und Pferd rund und körperlich, und auf das feinste gearbeitet; auch konnte man kaum be¬ greifen, wie sie sich im Gleichgewicht hielten: denn sie standen für sich, ohne ein Fußbrett¬ chen zu haben.
Wir hatten nun Jedes mit großer Selbst¬ zufriedenheit unsere Heerhaufen beschaut, als sie mir den Angriff verkündigte. Wir hatten auch Geschütz in unsern Kästen gefunden; es waren nämlich Schachteln voll kleiner wohlpolirter Achatkugeln. Mit diesen sollten wir aus einer gewissen Entfernung gegen ein¬ ander kämpfen, wobey jedoch ausdrücklich be¬ dungen war, daß nicht stärker geworfen werde, als nöthig sey die Figuren umzustürzen: denn beschädigt sollte keine werden. Wechselseitig ging nun die Canonade los, und im Anfang
chiſche Reiterey. Die Heere ſtanden gegen einander, und man konnte nichts ſchoͤneres ſehen. Es waren nicht etwa flache bleyerne Reiter, wie die unſrigen, ſondern Mann und Pferd rund und koͤrperlich, und auf das feinſte gearbeitet; auch konnte man kaum be¬ greifen, wie ſie ſich im Gleichgewicht hielten: denn ſie ſtanden fuͤr ſich, ohne ein Fußbrett¬ chen zu haben.
Wir hatten nun Jedes mit großer Selbſt¬ zufriedenheit unſere Heerhaufen beſchaut, als ſie mir den Angriff verkuͤndigte. Wir hatten auch Geſchuͤtz in unſern Kaͤſten gefunden; es waren naͤmlich Schachteln voll kleiner wohlpolirter Achatkugeln. Mit dieſen ſollten wir aus einer gewiſſen Entfernung gegen ein¬ ander kaͤmpfen, wobey jedoch ausdruͤcklich be¬ dungen war, daß nicht ſtaͤrker geworfen werde, als noͤthig ſey die Figuren umzuſtuͤrzen: denn beſchaͤdigt ſollte keine werden. Wechſelſeitig ging nun die Canonade los, und im Anfang
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chiſche Reiterey. Die Heere ſtanden gegen
einander, und man konnte nichts ſchoͤneres
ſehen. Es waren nicht etwa flache bleyerne
Reiter, wie die unſrigen, ſondern Mann
und Pferd rund und koͤrperlich, und auf das
feinſte gearbeitet; auch konnte man kaum be¬
greifen, wie ſie ſich im Gleichgewicht hielten:
denn ſie ſtanden fuͤr ſich, ohne ein Fußbrett¬
chen zu haben.
Wir hatten nun Jedes mit großer Selbſt¬
zufriedenheit unſere Heerhaufen beſchaut, als
ſie mir den Angriff verkuͤndigte. Wir hatten
auch Geſchuͤtz in unſern Kaͤſten gefunden;
es waren naͤmlich Schachteln voll kleiner
wohlpolirter Achatkugeln. Mit dieſen ſollten
wir aus einer gewiſſen Entfernung gegen ein¬
ander kaͤmpfen, wobey jedoch ausdruͤcklich be¬
dungen war, daß nicht ſtaͤrker geworfen werde,
als noͤthig ſey die Figuren umzuſtuͤrzen: denn
beſchaͤdigt ſollte keine werden. Wechſelſeitig
ging nun die Canonade los, und im Anfang
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/144>, abgerufen am 24.11.2024.
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