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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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zusammen betrachtet ein Labyrinth von Zie¬
raten bildeten; alle mit grünen Einfassungen
von einer niedrigen, wollig wachsenden Pflan¬
ze, die ich nie gesehen; alle mit Blumen,
jede Abtheilung von verschiedener Farbe, die
ebenfalls niedrig und am Boden, den vorge¬
zeichneten Grundriß leicht verfolgen ließen.
Dieser köstliche Anblick, den ich in vollem
Sonnenschein genoß, fesselte ganz meine Au¬
gen; aber ich wußte fast nicht, wo ich den
Fuß hinsetzen sollte: denn die schlängelnden
Wege waren aufs reinlichste von blauem Sande
gezogen, der einen dunklern Himmel, oder
einen Himmel im Wasser, an der Erde zu
bilden schien; und so ging ich, die Augen
auf den Boden gerichtet, eine Zeit lang ne¬
ben meinem Führer, bis ich zuletzt gewahr
ward, daß in der Mitte von diesem Beeten-
und Blumen-Rund ein großer Kreis von
Cypressen oder pappelartigen Bäumen stand,
durch den man nicht hindurchsehen konnte,
weil die untersten Zweige aus der Erde her¬

zuſammen betrachtet ein Labyrinth von Zie¬
raten bildeten; alle mit gruͤnen Einfaſſungen
von einer niedrigen, wollig wachſenden Pflan¬
ze, die ich nie geſehen; alle mit Blumen,
jede Abtheilung von verſchiedener Farbe, die
ebenfalls niedrig und am Boden, den vorge¬
zeichneten Grundriß leicht verfolgen ließen.
Dieſer koͤſtliche Anblick, den ich in vollem
Sonnenſchein genoß, feſſelte ganz meine Au¬
gen; aber ich wußte faſt nicht, wo ich den
Fuß hinſetzen ſollte: denn die ſchlaͤngelnden
Wege waren aufs reinlichſte von blauem Sande
gezogen, der einen dunklern Himmel, oder
einen Himmel im Waſſer, an der Erde zu
bilden ſchien; und ſo ging ich, die Augen
auf den Boden gerichtet, eine Zeit lang ne¬
ben meinem Fuͤhrer, bis ich zuletzt gewahr
ward, daß in der Mitte von dieſem Beeten-
und Blumen-Rund ein großer Kreis von
Cypreſſen oder pappelartigen Baͤumen ſtand,
durch den man nicht hindurchſehen konnte,
weil die unterſten Zweige aus der Erde her¬

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[120/0136] zuſammen betrachtet ein Labyrinth von Zie¬ raten bildeten; alle mit gruͤnen Einfaſſungen von einer niedrigen, wollig wachſenden Pflan¬ ze, die ich nie geſehen; alle mit Blumen, jede Abtheilung von verſchiedener Farbe, die ebenfalls niedrig und am Boden, den vorge¬ zeichneten Grundriß leicht verfolgen ließen. Dieſer koͤſtliche Anblick, den ich in vollem Sonnenſchein genoß, feſſelte ganz meine Au¬ gen; aber ich wußte faſt nicht, wo ich den Fuß hinſetzen ſollte: denn die ſchlaͤngelnden Wege waren aufs reinlichſte von blauem Sande gezogen, der einen dunklern Himmel, oder einen Himmel im Waſſer, an der Erde zu bilden ſchien; und ſo ging ich, die Augen auf den Boden gerichtet, eine Zeit lang ne¬ ben meinem Fuͤhrer, bis ich zuletzt gewahr ward, daß in der Mitte von dieſem Beeten- und Blumen-Rund ein großer Kreis von Cypreſſen oder pappelartigen Baͤumen ſtand, durch den man nicht hindurchſehen konnte, weil die unterſten Zweige aus der Erde her¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/136>, abgerufen am 09.11.2024.