Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

in seinen klaren Tiefen eine große Anzahl
von Gold- und Silberfischen sehen ließ, die
sich bald sachte bald geschwind, bald einzeln
bald zugweise, hin und her bewegten. Nun
hätte ich aber auch gern über den Canal
gesehen, um zu erfahren, wie es in dem
Herzen des Gartens beschaffen sey, allein da
fand ich zu meiner großen Betrübniß, daß
an der Gegenseite das Wasser mit einem
gleichen Gitter eingefaßt war, und zwar so
künstlicher Weise, daß auf einen Zwischenraum
diesseits gerade ein Spieß oder eine Parti¬
sane jenseits paßte, und man also, die übri¬
gen Zieraten mitgerechnet, nicht hindurchsehen
konnte, man mochte sich stellen wie man
wollte. Ueberdieß hinderte mich der Alte,
der mich noch immer festhielt, daß ich mich
nicht frey bewegen konnte. Meine Neugier
wuchs indeß, nach allem was ich gesehen,
immer mehr, und ich nahm mir ein Herz,
den Alten zu fragen, ob man nicht auch
hinüber kommen könne. -- "Warum nicht?

in ſeinen klaren Tiefen eine große Anzahl
von Gold- und Silberfiſchen ſehen ließ, die
ſich bald ſachte bald geſchwind, bald einzeln
bald zugweiſe, hin und her bewegten. Nun
haͤtte ich aber auch gern uͤber den Canal
geſehen, um zu erfahren, wie es in dem
Herzen des Gartens beſchaffen ſey, allein da
fand ich zu meiner großen Betruͤbniß, daß
an der Gegenſeite das Waſſer mit einem
gleichen Gitter eingefaßt war, und zwar ſo
kuͤnſtlicher Weiſe, daß auf einen Zwiſchenraum
dieſſeits gerade ein Spieß oder eine Parti¬
ſane jenſeits paßte, und man alſo, die uͤbri¬
gen Zieraten mitgerechnet, nicht hindurchſehen
konnte, man mochte ſich ſtellen wie man
wollte. Ueberdieß hinderte mich der Alte,
der mich noch immer feſthielt, daß ich mich
nicht frey bewegen konnte. Meine Neugier
wuchs indeß, nach allem was ich geſehen,
immer mehr, und ich nahm mir ein Herz,
den Alten zu fragen, ob man nicht auch
hinuͤber kommen koͤnne. — „Warum nicht?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="116"/>
in &#x017F;einen klaren Tiefen eine große Anzahl<lb/>
von Gold- und Silberfi&#x017F;chen &#x017F;ehen ließ, die<lb/>
&#x017F;ich bald &#x017F;achte bald ge&#x017F;chwind, bald einzeln<lb/>
bald zugwei&#x017F;e, hin und her bewegten. Nun<lb/>
ha&#x0364;tte ich aber auch gern u&#x0364;ber den Canal<lb/>
ge&#x017F;ehen, um zu erfahren, wie es in dem<lb/>
Herzen des Gartens be&#x017F;chaffen &#x017F;ey, allein da<lb/>
fand ich zu meiner großen Betru&#x0364;bniß, daß<lb/>
an der Gegen&#x017F;eite das Wa&#x017F;&#x017F;er mit einem<lb/>
gleichen Gitter eingefaßt war, und zwar &#x017F;o<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Wei&#x017F;e, daß auf einen Zwi&#x017F;chenraum<lb/>
die&#x017F;&#x017F;eits gerade ein Spieß oder eine Parti¬<lb/>
&#x017F;ane jen&#x017F;eits paßte, und man al&#x017F;o, die u&#x0364;bri¬<lb/>
gen Zieraten mitgerechnet, nicht hindurch&#x017F;ehen<lb/>
konnte, man mochte &#x017F;ich &#x017F;tellen wie man<lb/>
wollte. Ueberdieß hinderte mich der Alte,<lb/>
der mich noch immer fe&#x017F;thielt, daß ich mich<lb/>
nicht frey bewegen konnte. Meine Neugier<lb/>
wuchs indeß, nach allem was ich ge&#x017F;ehen,<lb/>
immer mehr, und ich nahm mir ein Herz,<lb/>
den Alten zu fragen, ob man nicht auch<lb/>
hinu&#x0364;ber kommen ko&#x0364;nne. &#x2014; &#x201E;Warum nicht?<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0132] in ſeinen klaren Tiefen eine große Anzahl von Gold- und Silberfiſchen ſehen ließ, die ſich bald ſachte bald geſchwind, bald einzeln bald zugweiſe, hin und her bewegten. Nun haͤtte ich aber auch gern uͤber den Canal geſehen, um zu erfahren, wie es in dem Herzen des Gartens beſchaffen ſey, allein da fand ich zu meiner großen Betruͤbniß, daß an der Gegenſeite das Waſſer mit einem gleichen Gitter eingefaßt war, und zwar ſo kuͤnſtlicher Weiſe, daß auf einen Zwiſchenraum dieſſeits gerade ein Spieß oder eine Parti¬ ſane jenſeits paßte, und man alſo, die uͤbri¬ gen Zieraten mitgerechnet, nicht hindurchſehen konnte, man mochte ſich ſtellen wie man wollte. Ueberdieß hinderte mich der Alte, der mich noch immer feſthielt, daß ich mich nicht frey bewegen konnte. Meine Neugier wuchs indeß, nach allem was ich geſehen, immer mehr, und ich nahm mir ein Herz, den Alten zu fragen, ob man nicht auch hinuͤber kommen koͤnne. — „Warum nicht?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/132
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/132>, abgerufen am 24.11.2024.