Manne, der täglich bewies und darthat was er vermöge; und dieß nicht etwa vom Pöbel, sondern von vorzüglichen Männern, wofür ich doch meinen Großvater und meine Oheime zu halten hatte. Daß es Parteyen geben könne, ja daß er selbst zu einer Partey gehörte, davon hatte der Knabe keinen Begriff. Er glaubte um so viel mehr Recht zu haben und seine Gesinnung für die bessere erklären zu dürfen, da er und die Gleichgesinnten Marien There¬ sien, ihre Schönheit und übrigen guten Eigen¬ schaften ja gelten ließen, und dem Kaiser Franz seine Juwelen- und Geldliebhaberen weiter auch nicht verargten; daß Graf Daun manch¬ mal eine Schlafmütze geheißen wurde, glaub¬ ten sie verantworten zu können.
Bedenke ich es aber jetzt genauer, so fin¬ de ich hier den Keim der Nichtachtung, ja der Verachtung des Publicums, die mir eine ganze Zeit meines Lebens anhing und nur spät durch Einsicht und Bildung, ins Gleich¬
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Manne, der taͤglich bewies und darthat was er vermoͤge; und dieß nicht etwa vom Poͤbel, ſondern von vorzuͤglichen Maͤnnern, wofuͤr ich doch meinen Großvater und meine Oheime zu halten hatte. Daß es Parteyen geben koͤnne, ja daß er ſelbſt zu einer Partey gehoͤrte, davon hatte der Knabe keinen Begriff. Er glaubte um ſo viel mehr Recht zu haben und ſeine Geſinnung fuͤr die beſſere erklaͤren zu duͤrfen, da er und die Gleichgeſinnten Marien There¬ ſien, ihre Schoͤnheit und uͤbrigen guten Eigen¬ ſchaften ja gelten ließen, und dem Kaiſer Franz ſeine Juwelen- und Geldliebhaberen weiter auch nicht verargten; daß Graf Daun manch¬ mal eine Schlafmuͤtze geheißen wurde, glaub¬ ten ſie verantworten zu koͤnnen.
Bedenke ich es aber jetzt genauer, ſo fin¬ de ich hier den Keim der Nichtachtung, ja der Verachtung des Publicums, die mir eine ganze Zeit meines Lebens anhing und nur ſpaͤt durch Einſicht und Bildung, ins Gleich¬
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Manne, der taͤglich bewies und darthat was
er vermoͤge; und dieß nicht etwa vom Poͤbel,
ſondern von vorzuͤglichen Maͤnnern, wofuͤr ich
doch meinen Großvater und meine Oheime zu
halten hatte. Daß es Parteyen geben koͤnne,
ja daß er ſelbſt zu einer Partey gehoͤrte, davon
hatte der Knabe keinen Begriff. Er glaubte
um ſo viel mehr Recht zu haben und ſeine
Geſinnung fuͤr die beſſere erklaͤren zu duͤrfen,
da er und die Gleichgeſinnten Marien There¬
ſien, ihre Schoͤnheit und uͤbrigen guten Eigen¬
ſchaften ja gelten ließen, und dem Kaiſer Franz
ſeine Juwelen- und Geldliebhaberen weiter
auch nicht verargten; daß Graf Daun manch¬
mal eine Schlafmuͤtze geheißen wurde, glaub¬
ten ſie verantworten zu koͤnnen.
Bedenke ich es aber jetzt genauer, ſo fin¬
de ich hier den Keim der Nichtachtung, ja
der Verachtung des Publicums, die mir eine
ganze Zeit meines Lebens anhing und nur
ſpaͤt durch Einſicht und Bildung, ins Gleich¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/113>, abgerufen am 24.11.2024.
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