Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Ein Fragment. Schon glüh' ich wie von neuem Wein.Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen, Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen, Mit Stürmen mich herum zu schlagen, Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen. Es wölkt sich über mir -- Der Mond verbirgt sein Licht -- Die Lampe schwindet! Es dampft! -- Es zucken rothe Strahlen Mir um das Haupt -- Es weht Ein Schauer vom Gewölb' herab Und faßt mich an! Ich fühl's, du schwebst um mich, erflehter Geist! Enthülle dich! Ha! wie's in meinem Herzen reißt! Zu neuen Gefühlen All meine Sinnen sich erwühlen! Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben! Du mußt! du mußt! und kostet' es mein Leben! Ein Fragment. Schon glüh’ ich wie von neuem Wein.Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen, Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen, Mit Stürmen mich herum zu ſchlagen, Und in des Schiffbruchs Knirſchen nicht zu zagen. Es wölkt ſich über mir — Der Mond verbirgt ſein Licht — Die Lampe ſchwindet! Es dampft! — Es zucken rothe Strahlen Mir um das Haupt — Es weht Ein Schauer vom Gewölb’ herab Und faßt mich an! Ich fühl’s, du ſchwebſt um mich, erflehter Geiſt! Enthülle dich! Ha! wie’s in meinem Herzen reißt! Zu neuen Gefühlen All meine Sinnen ſich erwühlen! Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben! Du mußt! du mußt! und koſtet’ es mein Leben! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0019" n="9"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/> Schon glüh’ ich wie von neuem Wein.<lb/> Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen,<lb/> Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,<lb/> Mit Stürmen mich herum zu ſchlagen,<lb/> Und in des Schiffbruchs Knirſchen nicht zu<lb/> zagen.<lb/> Es wölkt ſich über mir —<lb/> Der Mond verbirgt ſein Licht —<lb/> Die Lampe ſchwindet!<lb/> Es dampft! — Es zucken rothe Strahlen<lb/> Mir um das Haupt — Es weht<lb/> Ein Schauer vom Gewölb’ herab<lb/> Und faßt mich an!<lb/> Ich fühl’s, du ſchwebſt um mich, erflehter<lb/> Geiſt!<lb/> Enthülle dich!<lb/> Ha! wie’s in meinem Herzen reißt!<lb/> Zu neuen Gefühlen<lb/> All meine Sinnen ſich erwühlen!<lb/> Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!<lb/> Du mußt! du mußt! und koſtet’ es mein<lb/> Leben!</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
Ein Fragment.
Schon glüh’ ich wie von neuem Wein.
Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen,
Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,
Mit Stürmen mich herum zu ſchlagen,
Und in des Schiffbruchs Knirſchen nicht zu
zagen.
Es wölkt ſich über mir —
Der Mond verbirgt ſein Licht —
Die Lampe ſchwindet!
Es dampft! — Es zucken rothe Strahlen
Mir um das Haupt — Es weht
Ein Schauer vom Gewölb’ herab
Und faßt mich an!
Ich fühl’s, du ſchwebſt um mich, erflehter
Geiſt!
Enthülle dich!
Ha! wie’s in meinem Herzen reißt!
Zu neuen Gefühlen
All meine Sinnen ſich erwühlen!
Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!
Du mußt! du mußt! und koſtet’ es mein
Leben!
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