Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Hoffnung. Seyd gegrüßt, ihr lieben Schwestern. Habt ihr euch schon heut und gestern In Vermummungen gefallen, Weiß ich doch gewiß von allen Morgen wollt ihr euch enthüllen. Und wenn wir bei Fackelscheine Uns nicht sonderlich behagen, Werden wir in heitern Tagen, Ganz nach unserm eignen Willen, Bald gesellig, bald alleine Frei durch schöne Fluren wandeln, Nach Belieben ruhn und handeln Und in sorgenfreiem Leben, Nie entbehren, stets erstreben. Ueberall willkommne Gäste Treten wir getrost hinein: Sicherlich es muß das Beste Irgendwo zu finden seyn. Klugheit. Zwey der größten Menschenfeinde, Furcht und Hoffnung, angekettet Halt' ich ab von der Gemeinde; Platz gemacht! ihr seyd gerettet. Den lebendigen Colossen Führ' ich, seht ihr, thurmbeladen, Und er wandelt unverdrossen Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden. Hoffnung. Seyd gegrüßt, ihr lieben Schwestern. Habt ihr euch schon heut und gestern In Vermummungen gefallen, Weiß ich doch gewiß von allen Morgen wollt ihr euch enthüllen. Und wenn wir bei Fackelscheine Uns nicht sonderlich behagen, Werden wir in heitern Tagen, Ganz nach unserm eignen Willen, Bald gesellig, bald alleine Frei durch schöne Fluren wandeln, Nach Belieben ruhn und handeln Und in sorgenfreiem Leben, Nie entbehren, stets erstreben. Ueberall willkommne Gäste Treten wir getrost hinein: Sicherlich es muß das Beste Irgendwo zu finden seyn. Klugheit. Zwey der größten Menschenfeinde, Furcht und Hoffnung, angekettet Halt’ ich ab von der Gemeinde; Platz gemacht! ihr seyd gerettet. Den lebendigen Colossen Führ’ ich, seht ihr, thurmbeladen, Und er wandelt unverdrossen Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene"> <pb facs="#f0051" n="39"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Hoffnung.</hi> </speaker><lb/> <p>Seyd gegrüßt, ihr lieben Schwestern.<lb/> Habt ihr euch schon heut und gestern<lb/> In Vermummungen gefallen,<lb/> Weiß ich doch gewiß von allen<lb/> Morgen wollt ihr euch enthüllen.<lb/> Und wenn wir bei Fackelscheine<lb/> Uns nicht sonderlich behagen,<lb/> Werden wir in heitern Tagen,<lb/> Ganz nach unserm eignen Willen,<lb/> Bald gesellig, bald alleine<lb/> Frei durch schöne Fluren wandeln,<lb/> Nach Belieben ruhn und handeln<lb/> Und in sorgenfreiem Leben,<lb/> Nie entbehren, stets erstreben.<lb/> Ueberall willkommne Gäste<lb/> Treten wir getrost hinein:<lb/> Sicherlich es muß das Beste<lb/> Irgendwo zu finden seyn.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Klugheit.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l rendition="#et">Zwey der größten Menschenfeinde,</l><lb/> <l rendition="#et">Furcht und Hoffnung, angekettet</l><lb/> <l rendition="#et">Halt’ ich ab von der Gemeinde;</l><lb/> <l rendition="#et">Platz gemacht! ihr seyd gerettet.</l><lb/> </lg> <lg> <l rendition="#et">Den lebendigen Colossen</l><lb/> <l rendition="#et">Führ’ ich, seht ihr, thurmbeladen,</l><lb/> <l rendition="#et">Und er wandelt unverdrossen</l><lb/> <l rendition="#et">Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden.</l><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0051]
Hoffnung.
Seyd gegrüßt, ihr lieben Schwestern.
Habt ihr euch schon heut und gestern
In Vermummungen gefallen,
Weiß ich doch gewiß von allen
Morgen wollt ihr euch enthüllen.
Und wenn wir bei Fackelscheine
Uns nicht sonderlich behagen,
Werden wir in heitern Tagen,
Ganz nach unserm eignen Willen,
Bald gesellig, bald alleine
Frei durch schöne Fluren wandeln,
Nach Belieben ruhn und handeln
Und in sorgenfreiem Leben,
Nie entbehren, stets erstreben.
Ueberall willkommne Gäste
Treten wir getrost hinein:
Sicherlich es muß das Beste
Irgendwo zu finden seyn.
Klugheit.
Zwey der größten Menschenfeinde,
Furcht und Hoffnung, angekettet
Halt’ ich ab von der Gemeinde;
Platz gemacht! ihr seyd gerettet.
Den lebendigen Colossen
Führ’ ich, seht ihr, thurmbeladen,
Und er wandelt unverdrossen
Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden.
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