Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebäude, Das Schiff erlängt, erhöht sich zu der Gläubigen Freude, Sie strömen brünstig schon, durch's würdige Portal, Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Thal, Von hohen Thürmen tönt's, wie sie zum Himmel streben, Der Büßer kommt heran, zu neugeschaffnem Leben. Dem hohen Weihetag - er trete bald herein! - Wird deine Gegenwart die höchste Zierde seyn. Kaiser. Mag ein so großes Werk den frommen Sinn verkünd'gen, Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsünd'gen. Genug! Ich fühle schon wie sich mein Sinn erhöht. Erzbischof. Als Canzler fördr' ich nun Schluß und Formalität. Kaiser. Ein förmlich Document, der Kirche das zu eignen, Du legst es vor, ich will's mit Freuden unterzeichnen. Erzbischof (hat sich beurlaubt, kehrt aber beim Ausgang wieder um). Dann widmest du zugleich dem Werke, wie's entsteht, Gesammte Landsgefälle: Zehnten, Zinsen, Beth', Für ewig. Viel bedarf's zu würdiger Unterhaltung, Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung. Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem wüsten Platz, Reichst du uns einiges Gold aus deinem Beuteschatz. Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen, Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen.
Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebäude, Das Schiff erlängt, erhöht sich zu der Gläubigen Freude, Sie strömen brünstig schon, durch’s würdige Portal, Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Thal, Von hohen Thürmen tönt’s, wie sie zum Himmel streben, Der Büßer kommt heran, zu neugeschaffnem Leben. Dem hohen Weihetag – er trete bald herein! – Wird deine Gegenwart die höchste Zierde seyn. Kaiser. Mag ein so großes Werk den frommen Sinn verkünd’gen, Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsünd’gen. Genug! Ich fühle schon wie sich mein Sinn erhöht. Erzbischof. Als Canzler fördr’ ich nun Schluß und Formalität. Kaiser. Ein förmlich Document, der Kirche das zu eignen, Du legst es vor, ich will’s mit Freuden unterzeichnen. Erzbischof (hat sich beurlaubt, kehrt aber beim Ausgang wieder um). Dann widmest du zugleich dem Werke, wie’s entsteht, Gesammte Landsgefälle: Zehnten, Zinsen, Beth’, Für ewig. Viel bedarf’s zu würdiger Unterhaltung, Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung. Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem wüsten Platz, Reichst du uns einiges Gold aus deinem Beuteschatz. Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen, Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0307" n="295"/> Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebäude,<lb/> Das Schiff erlängt, erhöht sich zu der Gläubigen Freude,<lb/> Sie strömen brünstig schon, durch’s würdige Portal,<lb/> Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Thal,<lb/> Von hohen Thürmen tönt’s, wie sie zum Himmel<lb/><hi rendition="#et">streben,</hi><lb/> Der Büßer kommt heran, zu neugeschaffnem Leben.<lb/> Dem hohen Weihetag – er trete bald herein! –<lb/> Wird deine Gegenwart die höchste Zierde seyn.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Mag ein so großes Werk den frommen Sinn verkünd’gen,<lb/> Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsünd’gen.<lb/> Genug! Ich fühle schon wie sich mein Sinn erhöht.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Erzbischof.</hi> </speaker><lb/> <p>Als Canzler fördr’ ich nun Schluß und Formalität.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Ein förmlich Document, der Kirche das zu eignen,<lb/> Du legst es vor, ich will’s mit Freuden unterzeichnen.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Erzbischof</hi> </speaker><lb/> <stage>(hat sich beurlaubt, kehrt aber beim Ausgang wieder um).</stage><lb/> <p>Dann widmest du zugleich dem Werke, wie’s entsteht,<lb/> Gesammte Landsgefälle: Zehnten, Zinsen, Beth’,<lb/> Für ewig. Viel bedarf’s zu würdiger Unterhaltung,<lb/> Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung.<lb/> Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem wüsten Platz,<lb/> Reichst du uns einiges Gold aus deinem Beuteschatz.<lb/> Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen,<lb/> Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0307]
Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebäude,
Das Schiff erlängt, erhöht sich zu der Gläubigen Freude,
Sie strömen brünstig schon, durch’s würdige Portal,
Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Thal,
Von hohen Thürmen tönt’s, wie sie zum Himmel
streben,
Der Büßer kommt heran, zu neugeschaffnem Leben.
Dem hohen Weihetag – er trete bald herein! –
Wird deine Gegenwart die höchste Zierde seyn.
Kaiser.
Mag ein so großes Werk den frommen Sinn verkünd’gen,
Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsünd’gen.
Genug! Ich fühle schon wie sich mein Sinn erhöht.
Erzbischof.
Als Canzler fördr’ ich nun Schluß und Formalität.
Kaiser.
Ein förmlich Document, der Kirche das zu eignen,
Du legst es vor, ich will’s mit Freuden unterzeichnen.
Erzbischof
(hat sich beurlaubt, kehrt aber beim Ausgang wieder um).
Dann widmest du zugleich dem Werke, wie’s entsteht,
Gesammte Landsgefälle: Zehnten, Zinsen, Beth’,
Für ewig. Viel bedarf’s zu würdiger Unterhaltung,
Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/307>, abgerufen am 16.07.2024. |