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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Auf Weihe will ich sinnen, dann gereinigt mag
Des Herdes Gluth die Frau begrüßen wie den Herrn.
Chorführerin.
Entdecke deinen Dienerinnen, edle Frau,
Die dir verehrend beistehn, was begegnet ist.
Helena.
Was ich gesehen sollt ihr selbst mit Augen sehn,
Wenn ihr Gebilde nicht die alte Nacht sogleich
Zurück geschlungen in ihrer Tiefe Wunderschoß.
Doch daß ihr's wisset, sag' ich's euch mit Worten an:
Als ich des Königs-Hauses ernsten Binnenraum,
Der nächsten Pflicht gedenkend, feierlich betrat,
Erstaunt' ich ob der öden Gänge Schweigsamkeit.
Nicht Schall der emsig wandelnden begegnete
Dem Ohr, nicht raschgeschäftiges Eiligthun dem Blick,
Und keine Magd erschien mir, keine Schaffnerin,
Die jeden Fremden freundlich sonst begrüßenden.
Als aber ich dem Schoße des Herdes mich genaht,
Da sah ich, bei verglommener Asche lauem Rest,
Am Boden sitzen welch verhülltes großes Weib,
Der Schlafenden nicht vergleichbar, wohl der Sinnenden.
Mit Herrscherworten ruf' ich sie zur Arbeit auf,
Die Schaffnerin mir vermuthend, die indeß vielleicht
Des Gatten Vorsicht hinterlassend angestellt;
Doch eingefaltet sitzt die unbewegliche;
Nur endlich rührt sie, auf mein Dräun, den rechten Arm,
Als wiese sie von Herd und Halle mich hinweg.
Ich wende zürnend mich ab von ihr und eile gleich
Den Stufen zu, worauf empor der Thalamos
Auf Weihe will ich sinnen, dann gereinigt mag
Des Herdes Gluth die Frau begrüßen wie den Herrn.
Chorführerin.
Entdecke deinen Dienerinnen, edle Frau,
Die dir verehrend beistehn, was begegnet ist.
Helena.
Was ich gesehen sollt ihr selbst mit Augen sehn,
Wenn ihr Gebilde nicht die alte Nacht sogleich
Zurück geschlungen in ihrer Tiefe Wunderschoß.
Doch daß ihr’s wisset, sag’ ich’s euch mit Worten an:
Als ich des Königs-Hauses ernsten Binnenraum,
Der nächsten Pflicht gedenkend, feierlich betrat,
Erstaunt’ ich ob der öden Gänge Schweigsamkeit.
Nicht Schall der emsig wandelnden begegnete
Dem Ohr, nicht raschgeschäftiges Eiligthun dem Blick,
Und keine Magd erschien mir, keine Schaffnerin,
Die jeden Fremden freundlich sonst begrüßenden.
Als aber ich dem Schoße des Herdes mich genaht,
Da sah ich, bei verglommener Asche lauem Rest,
Am Boden sitzen welch verhülltes großes Weib,
Der Schlafenden nicht vergleichbar, wohl der Sinnenden.
Mit Herrscherworten ruf’ ich sie zur Arbeit auf,
Die Schaffnerin mir vermuthend, die indeß vielleicht
Des Gatten Vorsicht hinterlassend angestellt;
Doch eingefaltet sitzt die unbewegliche;
Nur endlich rührt sie, auf mein Dräun, den rechten Arm,
Als wiese sie von Herd und Halle mich hinweg.
Ich wende zürnend mich ab von ihr und eile gleich
Den Stufen zu, worauf empor der Thalamos
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[186/0198] Auf Weihe will ich sinnen, dann gereinigt mag Des Herdes Gluth die Frau begrüßen wie den Herrn. Chorführerin. Entdecke deinen Dienerinnen, edle Frau, Die dir verehrend beistehn, was begegnet ist. Helena. Was ich gesehen sollt ihr selbst mit Augen sehn, Wenn ihr Gebilde nicht die alte Nacht sogleich Zurück geschlungen in ihrer Tiefe Wunderschoß. Doch daß ihr’s wisset, sag’ ich’s euch mit Worten an: Als ich des Königs-Hauses ernsten Binnenraum, Der nächsten Pflicht gedenkend, feierlich betrat, Erstaunt’ ich ob der öden Gänge Schweigsamkeit. Nicht Schall der emsig wandelnden begegnete Dem Ohr, nicht raschgeschäftiges Eiligthun dem Blick, Und keine Magd erschien mir, keine Schaffnerin, Die jeden Fremden freundlich sonst begrüßenden. Als aber ich dem Schoße des Herdes mich genaht, Da sah ich, bei verglommener Asche lauem Rest, Am Boden sitzen welch verhülltes großes Weib, Der Schlafenden nicht vergleichbar, wohl der Sinnenden. Mit Herrscherworten ruf’ ich sie zur Arbeit auf, Die Schaffnerin mir vermuthend, die indeß vielleicht Des Gatten Vorsicht hinterlassend angestellt; Doch eingefaltet sitzt die unbewegliche; Nur endlich rührt sie, auf mein Dräun, den rechten Arm, Als wiese sie von Herd und Halle mich hinweg. Ich wende zürnend mich ab von ihr und eile gleich Den Stufen zu, worauf empor der Thalamos

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/198>, abgerufen am 05.05.2024.