Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich hatte Phöbus nie gesehn,
Noch Ares, Hermes, wie sie heißen;
Da sah ich mir vor Augen stehn
Was alle Menschen göttlich preisen.
So war er ein geborner König,
Als Jüngling herrlichst anzuschaun;
Dem ältern Bruder unterthänig
Und auch den allerliebsten Fraun.
Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder;
Nicht führt ihn Hebe himmelein;
Vergebens mühen sich die Lieder,
Vergebens quälen sie den Stein.
Faust.
So sehr auch Bildner auf ihn pochen,
So herrlich kam er nie zur Schau.
Vom schönsten Mann hast du gesprochen,
Nun sprich auch von der schönsten Frau!
Chiron.
Was!... Frauen-Schönheit will nichts heißen,
Ist gar zu oft ein starres Bild;
Nur solch ein Wesen kann ich preisen
Das froh und lebenslustig quillt.
Die Schöne bleibt sich selber selig;
Die Anmuth macht unwiderstehlich,
Wie Helena, da ich sie trug.
Faust.
Du trugst sie?
Chiron.
Ja, auf diesem Rücken.
Ich hatte Phöbus nie gesehn,
Noch Ares, Hermes, wie sie heißen;
Da sah ich mir vor Augen stehn
Was alle Menschen göttlich preisen.
So war er ein geborner König,
Als Jüngling herrlichst anzuschaun;
Dem ältern Bruder unterthänig
Und auch den allerliebsten Fraun.
Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder;
Nicht führt ihn Hebe himmelein;
Vergebens mühen sich die Lieder,
Vergebens quälen sie den Stein.
Faust.
So sehr auch Bildner auf ihn pochen,
So herrlich kam er nie zur Schau.
Vom schönsten Mann hast du gesprochen,
Nun sprich auch von der schönsten Frau!
Chiron.
Was!… Frauen-Schönheit will nichts heißen,
Ist gar zu oft ein starres Bild;
Nur solch ein Wesen kann ich preisen
Das froh und lebenslustig quillt.
Die Schöne bleibt sich selber selig;
Die Anmuth macht unwiderstehlich,
Wie Helena, da ich sie trug.
Faust.
Du trugst sie?
Chiron.
Ja, auf diesem Rücken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0142" n="130"/>
Ich hatte Phöbus nie gesehn,<lb/>
Noch Ares, Hermes, wie sie heißen;<lb/>
Da sah ich mir vor Augen stehn<lb/>
Was alle Menschen göttlich preisen.<lb/>
So war er ein geborner König,<lb/>
Als Jüngling herrlichst anzuschaun;<lb/>
Dem ältern Bruder unterthänig<lb/>
Und auch den allerliebsten Fraun.<lb/>
Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder;<lb/>
Nicht führt ihn Hebe himmelein;<lb/>
Vergebens mühen sich die Lieder,<lb/>
Vergebens quälen sie den Stein.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/>
            <p>So sehr auch Bildner auf ihn pochen,<lb/>
So herrlich kam er nie zur Schau.<lb/>
Vom schönsten Mann hast du gesprochen,<lb/>
Nun sprich auch von der schönsten Frau!<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Chiron.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was!&#x2026; Frauen-Schönheit will nichts heißen,<lb/>
Ist gar zu oft ein starres Bild;<lb/>
Nur solch ein Wesen kann ich preisen<lb/>
Das froh und lebenslustig quillt.<lb/>
Die Schöne bleibt sich selber selig;<lb/>
Die Anmuth macht unwiderstehlich,<lb/>
Wie Helena, da ich sie trug.<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Faust.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Du trugst sie?<lb/></p>
          </sp>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Chiron.</hi> </speaker><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Ja, auf diesem Rücken.</hi><lb/>
            </p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0142] Ich hatte Phöbus nie gesehn, Noch Ares, Hermes, wie sie heißen; Da sah ich mir vor Augen stehn Was alle Menschen göttlich preisen. So war er ein geborner König, Als Jüngling herrlichst anzuschaun; Dem ältern Bruder unterthänig Und auch den allerliebsten Fraun. Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder; Nicht führt ihn Hebe himmelein; Vergebens mühen sich die Lieder, Vergebens quälen sie den Stein. Faust. So sehr auch Bildner auf ihn pochen, So herrlich kam er nie zur Schau. Vom schönsten Mann hast du gesprochen, Nun sprich auch von der schönsten Frau! Chiron. Was!… Frauen-Schönheit will nichts heißen, Ist gar zu oft ein starres Bild; Nur solch ein Wesen kann ich preisen Das froh und lebenslustig quillt. Die Schöne bleibt sich selber selig; Die Anmuth macht unwiderstehlich, Wie Helena, da ich sie trug. Faust. Du trugst sie? Chiron. Ja, auf diesem Rücken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/142
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/142>, abgerufen am 25.11.2024.