Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Durch Mischung - denn auf Mischung kommt es an - Den Menschenstoff gemächlich componiren, In einen Kolben verlutiren Und ihn gehörig cohobiren, So ist das Werk im Stillen abgethan. (Wieder zum Herd gewendet.) Es wird! die Masse regt sich klarer! Die Ueberzeugung wahrer, wahrer! Was man an der Natur Geheimnißvolles pries, Das wagen wir verständig zu probiren, Und was sie sonst organisiren ließ, Das lassen wir krystallisiren. Mephistopheles. Wer lange lebt hat viel erfahren, Nichts Neues kann für ihn auf dieser Welt geschehn; Ich habe schon, in meinen Wanderjahren, Krystallisirtes Menschenvolk gesehn. Wagner (bisher immer aufmerksam auf die Phiole). Es steigt, es blitzt, es häuft sich an, Im Augenblick ist es gethan! Ein großer Vorsatz scheint im Anfang toll; Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen, Und so ein Hirn, das trefflich denken soll, Wird künftig auch ein Denker machen. (Entzückt die Phiole betrachtend.)
Durch Mischung – denn auf Mischung kommt es an – Den Menschenstoff gemächlich componiren, In einen Kolben verlutiren Und ihn gehörig cohobiren, So ist das Werk im Stillen abgethan. (Wieder zum Herd gewendet.) Es wird! die Masse regt sich klarer! Die Ueberzeugung wahrer, wahrer! Was man an der Natur Geheimnißvolles pries, Das wagen wir verständig zu probiren, Und was sie sonst organisiren ließ, Das lassen wir krystallisiren. Mephistopheles. Wer lange lebt hat viel erfahren, Nichts Neues kann für ihn auf dieser Welt geschehn; Ich habe schon, in meinen Wanderjahren, Krystallisirtes Menschenvolk gesehn. Wagner (bisher immer aufmerksam auf die Phiole). Es steigt, es blitzt, es häuft sich an, Im Augenblick ist es gethan! Ein großer Vorsatz scheint im Anfang toll; Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen, Und so ein Hirn, das trefflich denken soll, Wird künftig auch ein Denker machen. (Entzückt die Phiole betrachtend.) <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0117" n="105"/> Durch Mischung – denn auf Mischung kommt es an –<lb/> Den Menschenstoff gemächlich componiren,<lb/> In einen Kolben verlutiren<lb/> Und ihn gehörig cohobiren,<lb/> So ist das Werk im Stillen abgethan.<lb/></p> <stage>(Wieder zum Herd gewendet.)</stage><lb/> <p>Es wird! die Masse regt sich klarer!<lb/> Die Ueberzeugung wahrer, wahrer!<lb/> Was man an der Natur Geheimnißvolles pries,<lb/> Das wagen wir verständig zu probiren,<lb/> Und was sie sonst organisiren ließ,<lb/> Das lassen wir krystallisiren.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Wer lange lebt hat viel erfahren,<lb/> Nichts Neues kann für ihn auf dieser Welt geschehn;<lb/> Ich habe schon, in meinen Wanderjahren,<lb/> Krystallisirtes Menschenvolk gesehn.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Wagner</hi> </speaker><lb/> <stage>(bisher immer aufmerksam auf die Phiole).</stage><lb/> <p>Es steigt, es blitzt, es häuft sich an,<lb/> Im Augenblick ist es gethan!<lb/> Ein großer Vorsatz scheint im Anfang toll;<lb/> Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen,<lb/> Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,<lb/> Wird künftig auch ein Denker machen.<lb/></p> <stage>(Entzückt die Phiole betrachtend.)</stage><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0117]
Durch Mischung – denn auf Mischung kommt es an –
Den Menschenstoff gemächlich componiren,
In einen Kolben verlutiren
Und ihn gehörig cohobiren,
So ist das Werk im Stillen abgethan.
(Wieder zum Herd gewendet.)
Es wird! die Masse regt sich klarer!
Die Ueberzeugung wahrer, wahrer!
Was man an der Natur Geheimnißvolles pries,
Das wagen wir verständig zu probiren,
Und was sie sonst organisiren ließ,
Das lassen wir krystallisiren.
Mephistopheles.
Wer lange lebt hat viel erfahren,
Nichts Neues kann für ihn auf dieser Welt geschehn;
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(bisher immer aufmerksam auf die Phiole).
Es steigt, es blitzt, es häuft sich an,
Im Augenblick ist es gethan!
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Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen,
Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,
Wird künftig auch ein Denker machen.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/117>, abgerufen am 16.07.2024. |