lich über den Haufen geworfen. Die Newtonianer er- wiederten: Euler habe keine Ursache zu triumphiren, Beccaria verdiene eben so viel Glauben als Wilson, und dann wären ja auch unter Wilsons Versuchen mehrere, die nach der Eulerschen Theorie eben so wenig erklärt werden könnten. Es wurden indessen mehrere mißlungene Versuche bekannt, und es blieb nun denen, die sich mit Beccaria retten wollten, nichts übrig, als zu behaupten, die Gegner hätten keine so guten Leuchtsteine oder Gläser gehabt als je- ner, und dieß ist bis auf den heutigen Tag auch oft genug geschehen. Späterhin trat Beccaria selbst gegen sich auf und erklärte, daß er sich geirrt habe; doch hierauf wurde wenig Rücksicht genommen. Man hatte bereits neue Zeugen für seine früheren Entdeckun- gen, und diese sagten den mehrsten Newtonianern bes- ser zu. Allenthalben findet man von nun an einen Brief Magellans an Priestley citirt, der jene neue Bestätigung enthält; mit Stillschweigen wird aber gemeiniglich der Widerruf Beccaria's übergangen, obwohl er in demselben Briefe ausführlich zu lesen ist. Magellan erzählt in diesem Briefe (s. Priestley's Versuche und Beobachtungen über verschiedene Gattun- gen der Luft III. Theil, Anhang p. 16.): "er habe (1776) bey dem Prof. Allamand in Leiden sehr schöne farbige Gläser gefunden, und habe gegen diesen geäu- ßert: "wie sehr es ihm aufgefallen sey, daß er nie im Stande gewesen, Beccaria's Versuche mit Erfolg zu wiederholen, welches er dem Umstand zuschreibe, daß er nicht so gute Gläser gehabt habe, als Becca-
lich uͤber den Haufen geworfen. Die Newtonianer er- wiederten: Euler habe keine Urſache zu triumphiren, Beccaria verdiene eben ſo viel Glauben als Wilſon, und dann waͤren ja auch unter Wilſons Verſuchen mehrere, die nach der Eulerſchen Theorie eben ſo wenig erklaͤrt werden koͤnnten. Es wurden indeſſen mehrere mißlungene Verſuche bekannt, und es blieb nun denen, die ſich mit Beccaria retten wollten, nichts uͤbrig, als zu behaupten, die Gegner haͤtten keine ſo guten Leuchtſteine oder Glaͤſer gehabt als je- ner, und dieß iſt bis auf den heutigen Tag auch oft genug geſchehen. Spaͤterhin trat Beccaria ſelbſt gegen ſich auf und erklaͤrte, daß er ſich geirrt habe; doch hierauf wurde wenig Ruͤckſicht genommen. Man hatte bereits neue Zeugen fuͤr ſeine fruͤheren Entdeckun- gen, und dieſe ſagten den mehrſten Newtonianern beſ- ſer zu. Allenthalben findet man von nun an einen Brief Magellans an Prieſtley citirt, der jene neue Beſtaͤtigung enthaͤlt; mit Stillſchweigen wird aber gemeiniglich der Widerruf Beccaria’s uͤbergangen, obwohl er in demſelben Briefe ausfuͤhrlich zu leſen iſt. Magellan erzaͤhlt in dieſem Briefe (ſ. Prieſtley’s Verſuche und Beobachtungen uͤber verſchiedene Gattun- gen der Luft III. Theil, Anhang p. 16.): „er habe (1776) bey dem Prof. Allamand in Leiden ſehr ſchoͤne farbige Glaͤſer gefunden, und habe gegen dieſen geaͤu- ßert: „wie ſehr es ihm aufgefallen ſey, daß er nie im Stande geweſen, Beccaria’s Verſuche mit Erfolg zu wiederholen, welches er dem Umſtand zuſchreibe, daß er nicht ſo gute Glaͤſer gehabt habe, als Becca-
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lich uͤber den Haufen geworfen. Die Newtonianer er-
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Beccaria verdiene eben ſo viel Glauben als Wilſon,
und dann waͤren ja auch unter Wilſons Verſuchen
mehrere, die nach der Eulerſchen Theorie eben ſo
wenig erklaͤrt werden koͤnnten. Es wurden indeſſen
mehrere mißlungene Verſuche bekannt, und es blieb
nun denen, die ſich mit Beccaria retten wollten,
nichts uͤbrig, als zu behaupten, die Gegner haͤtten
keine ſo guten Leuchtſteine oder Glaͤſer gehabt als je-
ner, und dieß iſt bis auf den heutigen Tag auch oft
genug geſchehen. Spaͤterhin trat Beccaria ſelbſt
gegen ſich auf und erklaͤrte, daß er ſich geirrt habe;
doch hierauf wurde wenig Ruͤckſicht genommen. Man
hatte bereits neue Zeugen fuͤr ſeine fruͤheren Entdeckun-
gen, und dieſe ſagten den mehrſten Newtonianern beſ-
ſer zu. Allenthalben findet man von nun an einen
Brief Magellans an Prieſtley citirt, der jene
neue Beſtaͤtigung enthaͤlt; mit Stillſchweigen wird aber
gemeiniglich der Widerruf Beccaria’s uͤbergangen,
obwohl er in demſelben Briefe ausfuͤhrlich zu leſen iſt.
Magellan erzaͤhlt in dieſem Briefe (ſ. Prieſtley’s
Verſuche und Beobachtungen uͤber verſchiedene Gattun-
gen der Luft III. Theil, Anhang p. 16.): „er habe (1776)
bey dem Prof. Allamand in Leiden ſehr ſchoͤne
farbige Glaͤſer gefunden, und habe gegen dieſen geaͤu-
ßert: „wie ſehr es ihm aufgefallen ſey, daß er nie im
Stande geweſen, Beccaria’s Verſuche mit Erfolg
zu wiederholen, welches er dem Umſtand zuſchreibe,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/746>, abgerufen am 22.11.2024.
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