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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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matischen Telescopen nöthig sind: denn sie bedachten
nicht, daß Objectivgläser viel zartere Prüfmittel
sind für die optischen Eigenschaften brechender Medien
als die groben Versuche durch Prismen, und daß die
Resultate ihrer Demonstrationen nicht über die Genauig-
keit der Beobachtungen hinausgehen, wohl aber dahin-
ter zurückbleiben können.."

XIV. "Ich schließe diesen Vortrag, der schon
länger geworden als ich mir vorsetzte, indem ich die
verschiedenen Fälle ungleicher Brechbarkeit des Lichts
erzähle, damit ihre Mannigfaltigkeit auf einmal deut-
lich eingesehen werde.

XV. "Bey der Brechung, welche an der Gränze
eines jeden bekannten Mittels und eines leeren Raums
statt findet, sind die verschiedenfarbigen Strahlen un-
gleich brechbar, die rothmachenden am wenigsten, die
violettmachenden am meisten. Dieser Unterschied der
Brechbarkeit der rothen und violetten Strahlen ist jedoch
nicht derselbige in allen Mitteln. Solche Mittel, in
welchen der Unterschied am größten ist, und welche da-
her
die verschiedenfarbigen Strahlen am meisten trennen
oder zerstreuen, hat man durch den Ausdruck disper-
sive unterschieden, und diejenigen welche die Strah-
len am wenigsten von einander trennen, sind indisper-
sive genannt worden. Diese Mittel sind also dadurch
von einander unterschieden, und mehr noch durch einen
andern höchst wesentlichen Umstand."

matiſchen Teleſcopen noͤthig ſind: denn ſie bedachten
nicht, daß Objectivglaͤſer viel zartere Pruͤfmittel
ſind fuͤr die optiſchen Eigenſchaften brechender Medien
als die groben Verſuche durch Prismen, und daß die
Reſultate ihrer Demonſtrationen nicht uͤber die Genauig-
keit der Beobachtungen hinausgehen, wohl aber dahin-
ter zuruͤckbleiben koͤnnen..“

XIV. „Ich ſchließe dieſen Vortrag, der ſchon
laͤnger geworden als ich mir vorſetzte, indem ich die
verſchiedenen Faͤlle ungleicher Brechbarkeit des Lichts
erzaͤhle, damit ihre Mannigfaltigkeit auf einmal deut-
lich eingeſehen werde.

XV. „Bey der Brechung, welche an der Graͤnze
eines jeden bekannten Mittels und eines leeren Raums
ſtatt findet, ſind die verſchiedenfarbigen Strahlen un-
gleich brechbar, die rothmachenden am wenigſten, die
violettmachenden am meiſten. Dieſer Unterſchied der
Brechbarkeit der rothen und violetten Strahlen iſt jedoch
nicht derſelbige in allen Mitteln. Solche Mittel, in
welchen der Unterſchied am groͤßten iſt, und welche da-
her
die verſchiedenfarbigen Strahlen am meiſten trennen
oder zerſtreuen, hat man durch den Ausdruck diſper-
ſive unterſchieden, und diejenigen welche die Strah-
len am wenigſten von einander trennen, ſind indiſper-
ſive genannt worden. Dieſe Mittel ſind alſo dadurch
von einander unterſchieden, und mehr noch durch einen
andern hoͤchſt weſentlichen Umſtand.“

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[654/0688] matiſchen Teleſcopen noͤthig ſind: denn ſie bedachten nicht, daß Objectivglaͤſer viel zartere Pruͤfmittel ſind fuͤr die optiſchen Eigenſchaften brechender Medien als die groben Verſuche durch Prismen, und daß die Reſultate ihrer Demonſtrationen nicht uͤber die Genauig- keit der Beobachtungen hinausgehen, wohl aber dahin- ter zuruͤckbleiben koͤnnen..“ XIV. „Ich ſchließe dieſen Vortrag, der ſchon laͤnger geworden als ich mir vorſetzte, indem ich die verſchiedenen Faͤlle ungleicher Brechbarkeit des Lichts erzaͤhle, damit ihre Mannigfaltigkeit auf einmal deut- lich eingeſehen werde. XV. „Bey der Brechung, welche an der Graͤnze eines jeden bekannten Mittels und eines leeren Raums ſtatt findet, ſind die verſchiedenfarbigen Strahlen un- gleich brechbar, die rothmachenden am wenigſten, die violettmachenden am meiſten. Dieſer Unterſchied der Brechbarkeit der rothen und violetten Strahlen iſt jedoch nicht derſelbige in allen Mitteln. Solche Mittel, in welchen der Unterſchied am groͤßten iſt, und welche da- her die verſchiedenfarbigen Strahlen am meiſten trennen oder zerſtreuen, hat man durch den Ausdruck diſper- ſive unterſchieden, und diejenigen welche die Strah- len am wenigſten von einander trennen, ſind indiſper- ſive genannt worden. Dieſe Mittel ſind alſo dadurch von einander unterſchieden, und mehr noch durch einen andern hoͤchſt weſentlichen Umſtand.“

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/688>, abgerufen am 22.11.2024.