Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

ben könne. Allein er kann sich doch, weil ihm das
Wort des Räthsels fehlt, aus der Sache nicht finden.
Daß die rothen Schatten von der untergehenden Sonne
und den sie begleitenden Wolken herkommen, ist auf-
fallend; aber warum verwandelt sich der entgegenge-
setzte Schatten, bey dieser Gelegenheit, aus dem Blauen
ins Grüne? Daß diese Farben, wenn die Schatten
auf einen wirklich gefärbten Grund geworfen werden,
sich nach demselben modificiren und mischen, zeigt er
umständlich.

III. Ueber die Farbe der Luft. Enthält die
confusen und dunkeln Meynungen der Naturforscher
über ein so leicht zu erklärendes Phänomen (E. 151).

IV. Bemerkungen über die Hervorbringung der
farbigen Schatten. Die Bedenklichkeiten und Schwie-
rigkeiten, auf diesem Wege die farbigen Schatten zu
erklären, vermehren sich nur. Der Verfasser nähert
sich jedoch dem Rechten, indem er folgert: Die Far-
ben dieser Schatten sey man sowohl dem Lichte schuldig
welches den Schatten verursacht, als demjenigen das
ihn erleuchtet.

Der Verfasser beobachtet so genau und wendet die
Sache so oft hin und wieder, daß er immer sogleich
auf Widersprüche stößt, sobald er einmal etwas festge-
setzt hat. Er sieht wohl, daß das früher von ihm
aufgestellte Erforderniß einer gewissen Proportion der
Lichter gegen einander nicht hinreicht; er sucht es nun

ben koͤnne. Allein er kann ſich doch, weil ihm das
Wort des Raͤthſels fehlt, aus der Sache nicht finden.
Daß die rothen Schatten von der untergehenden Sonne
und den ſie begleitenden Wolken herkommen, iſt auf-
fallend; aber warum verwandelt ſich der entgegenge-
ſetzte Schatten, bey dieſer Gelegenheit, aus dem Blauen
ins Gruͤne? Daß dieſe Farben, wenn die Schatten
auf einen wirklich gefaͤrbten Grund geworfen werden,
ſich nach demſelben modificiren und miſchen, zeigt er
umſtaͤndlich.

III. Ueber die Farbe der Luft. Enthaͤlt die
confuſen und dunkeln Meynungen der Naturforſcher
uͤber ein ſo leicht zu erklaͤrendes Phaͤnomen (E. 151).

IV. Bemerkungen uͤber die Hervorbringung der
farbigen Schatten. Die Bedenklichkeiten und Schwie-
rigkeiten, auf dieſem Wege die farbigen Schatten zu
erklaͤren, vermehren ſich nur. Der Verfaſſer naͤhert
ſich jedoch dem Rechten, indem er folgert: Die Far-
ben dieſer Schatten ſey man ſowohl dem Lichte ſchuldig
welches den Schatten verurſacht, als demjenigen das
ihn erleuchtet.

Der Verfaſſer beobachtet ſo genau und wendet die
Sache ſo oft hin und wieder, daß er immer ſogleich
auf Widerſpruͤche ſtoͤßt, ſobald er einmal etwas feſtge-
ſetzt hat. Er ſieht wohl, daß das fruͤher von ihm
aufgeſtellte Erforderniß einer gewiſſen Proportion der
Lichter gegen einander nicht hinreicht; er ſucht es nun

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0644" n="610"/>
ben ko&#x0364;nne. Allein er kann &#x017F;ich doch, weil ihm das<lb/>
Wort des Ra&#x0364;th&#x017F;els fehlt, aus der Sache nicht finden.<lb/>
Daß die rothen Schatten von der untergehenden Sonne<lb/>
und den &#x017F;ie begleitenden Wolken herkommen, i&#x017F;t auf-<lb/>
fallend; aber warum verwandelt &#x017F;ich der entgegenge-<lb/>
&#x017F;etzte Schatten, bey die&#x017F;er Gelegenheit, aus dem Blauen<lb/>
ins Gru&#x0364;ne? Daß die&#x017F;e Farben, wenn die Schatten<lb/>
auf einen wirklich gefa&#x0364;rbten Grund geworfen werden,<lb/>
&#x017F;ich nach dem&#x017F;elben modificiren und mi&#x017F;chen, zeigt er<lb/>
um&#x017F;ta&#x0364;ndlich.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Ueber die Farbe der Luft. Entha&#x0364;lt die<lb/>
confu&#x017F;en und dunkeln Meynungen der Naturfor&#x017F;cher<lb/>
u&#x0364;ber ein &#x017F;o leicht zu erkla&#x0364;rendes Pha&#x0364;nomen (E. 151).</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">IV.</hi> Bemerkungen u&#x0364;ber die Hervorbringung der<lb/>
farbigen Schatten. Die Bedenklichkeiten und Schwie-<lb/>
rigkeiten, auf die&#x017F;em Wege die farbigen Schatten zu<lb/>
erkla&#x0364;ren, vermehren &#x017F;ich nur. Der Verfa&#x017F;&#x017F;er na&#x0364;hert<lb/>
&#x017F;ich jedoch dem Rechten, indem er folgert: Die Far-<lb/>
ben die&#x017F;er Schatten &#x017F;ey man &#x017F;owohl dem Lichte &#x017F;chuldig<lb/>
welches den Schatten verur&#x017F;acht, als demjenigen das<lb/>
ihn erleuchtet.</p><lb/>
            <p>Der Verfa&#x017F;&#x017F;er beobachtet &#x017F;o genau und wendet die<lb/>
Sache &#x017F;o oft hin und wieder, daß er immer &#x017F;ogleich<lb/>
auf Wider&#x017F;pru&#x0364;che &#x017F;to&#x0364;ßt, &#x017F;obald er einmal etwas fe&#x017F;tge-<lb/>
&#x017F;etzt hat. Er &#x017F;ieht wohl, daß das fru&#x0364;her von ihm<lb/>
aufge&#x017F;tellte Erforderniß einer gewi&#x017F;&#x017F;en Proportion der<lb/>
Lichter gegen einander nicht hinreicht; er &#x017F;ucht es nun<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[610/0644] ben koͤnne. Allein er kann ſich doch, weil ihm das Wort des Raͤthſels fehlt, aus der Sache nicht finden. Daß die rothen Schatten von der untergehenden Sonne und den ſie begleitenden Wolken herkommen, iſt auf- fallend; aber warum verwandelt ſich der entgegenge- ſetzte Schatten, bey dieſer Gelegenheit, aus dem Blauen ins Gruͤne? Daß dieſe Farben, wenn die Schatten auf einen wirklich gefaͤrbten Grund geworfen werden, ſich nach demſelben modificiren und miſchen, zeigt er umſtaͤndlich. III. Ueber die Farbe der Luft. Enthaͤlt die confuſen und dunkeln Meynungen der Naturforſcher uͤber ein ſo leicht zu erklaͤrendes Phaͤnomen (E. 151). IV. Bemerkungen uͤber die Hervorbringung der farbigen Schatten. Die Bedenklichkeiten und Schwie- rigkeiten, auf dieſem Wege die farbigen Schatten zu erklaͤren, vermehren ſich nur. Der Verfaſſer naͤhert ſich jedoch dem Rechten, indem er folgert: Die Far- ben dieſer Schatten ſey man ſowohl dem Lichte ſchuldig welches den Schatten verurſacht, als demjenigen das ihn erleuchtet. Der Verfaſſer beobachtet ſo genau und wendet die Sache ſo oft hin und wieder, daß er immer ſogleich auf Widerſpruͤche ſtoͤßt, ſobald er einmal etwas feſtge- ſetzt hat. Er ſieht wohl, daß das fruͤher von ihm aufgeſtellte Erforderniß einer gewiſſen Proportion der Lichter gegen einander nicht hinreicht; er ſucht es nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/644
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/644>, abgerufen am 22.11.2024.