vielmehr beliebt, wunderliche Theoreme aufzustellen, die aus dieser Erfahrung herfließen sollten.
Ein Vertheidiger Newtons hat in der Folge die artige Vermuthung geäußert, daß in dem Wasser, dessen sich Newton bedient, Bleyzucker aufgelöst ge- wesen, den er auch in andern Fällen angewendet. Dadurch wird allerdings das Phänomen möglich, zu- gleich aber die Betrachtung auffallend, daß dem vor- züglichsten Menschen etwas ganz deutlich vor Augen kommen kann, ohne von ihm bemerkt und aufgefaßt zu werden. Genug, Newton verharrte bey seiner theoretischen Ueberzeugung, so wie bey der praktischen Behauptung: die dioptrischen Fernröhre seyen nicht zu verbessern. Es kam daher ein Stillstand in die Sa- che, der nur erst durch einen andern außerordentlichen Menschen wieder konnte aufgehoben werden.
Euler, einer von denjenigen Männern, die be- stimmt sind, wieder von vorn anzufangen, wenn sie auch in eine noch so reiche Aernte ihrer Vorgänger gerathen, ließ die Betrachtung des menschlichen Au- ges, das für sich keine apparenten Farben erblickt, ob es gleich die Gegenstände durch bedeutende Brechung sieht und gewahr wird, nicht aus dem Sinne und kam darauf, Menisken, mit verschiedenen Feuchtig- keiten angefüllt, zu verbinden, und gelangte durch Versuche und Berechnung dahin, daß er sich zu be- haupten getraute: die Farbenerscheinung lasse sich in
vielmehr beliebt, wunderliche Theoreme aufzuſtellen, die aus dieſer Erfahrung herfließen ſollten.
Ein Vertheidiger Newtons hat in der Folge die artige Vermuthung geaͤußert, daß in dem Waſſer, deſſen ſich Newton bedient, Bleyzucker aufgeloͤſt ge- weſen, den er auch in andern Faͤllen angewendet. Dadurch wird allerdings das Phaͤnomen moͤglich, zu- gleich aber die Betrachtung auffallend, daß dem vor- zuͤglichſten Menſchen etwas ganz deutlich vor Augen kommen kann, ohne von ihm bemerkt und aufgefaßt zu werden. Genug, Newton verharrte bey ſeiner theoretiſchen Ueberzeugung, ſo wie bey der praktiſchen Behauptung: die dioptriſchen Fernroͤhre ſeyen nicht zu verbeſſern. Es kam daher ein Stillſtand in die Sa- che, der nur erſt durch einen andern außerordentlichen Menſchen wieder konnte aufgehoben werden.
Euler, einer von denjenigen Maͤnnern, die be- ſtimmt ſind, wieder von vorn anzufangen, wenn ſie auch in eine noch ſo reiche Aernte ihrer Vorgaͤnger gerathen, ließ die Betrachtung des menſchlichen Au- ges, das fuͤr ſich keine apparenten Farben erblickt, ob es gleich die Gegenſtaͤnde durch bedeutende Brechung ſieht und gewahr wird, nicht aus dem Sinne und kam darauf, Menisken, mit verſchiedenen Feuchtig- keiten angefuͤllt, zu verbinden, und gelangte durch Verſuche und Berechnung dahin, daß er ſich zu be- haupten getraute: die Farbenerſcheinung laſſe ſich in
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vielmehr beliebt, wunderliche Theoreme aufzuſtellen,
die aus dieſer Erfahrung herfließen ſollten.
Ein Vertheidiger Newtons hat in der Folge die
artige Vermuthung geaͤußert, daß in dem Waſſer,
deſſen ſich Newton bedient, Bleyzucker aufgeloͤſt ge-
weſen, den er auch in andern Faͤllen angewendet.
Dadurch wird allerdings das Phaͤnomen moͤglich, zu-
gleich aber die Betrachtung auffallend, daß dem vor-
zuͤglichſten Menſchen etwas ganz deutlich vor Augen
kommen kann, ohne von ihm bemerkt und aufgefaßt
zu werden. Genug, Newton verharrte bey ſeiner
theoretiſchen Ueberzeugung, ſo wie bey der praktiſchen
Behauptung: die dioptriſchen Fernroͤhre ſeyen nicht zu
verbeſſern. Es kam daher ein Stillſtand in die Sa-
che, der nur erſt durch einen andern außerordentlichen
Menſchen wieder konnte aufgehoben werden.
Euler, einer von denjenigen Maͤnnern, die be-
ſtimmt ſind, wieder von vorn anzufangen, wenn ſie
auch in eine noch ſo reiche Aernte ihrer Vorgaͤnger
gerathen, ließ die Betrachtung des menſchlichen Au-
ges, das fuͤr ſich keine apparenten Farben erblickt,
ob es gleich die Gegenſtaͤnde durch bedeutende Brechung
ſieht und gewahr wird, nicht aus dem Sinne und
kam darauf, Menisken, mit verſchiedenen Feuchtig-
keiten angefuͤllt, zu verbinden, und gelangte durch
Verſuche und Berechnung dahin, daß er ſich zu be-
haupten getraute: die Farbenerſcheinung laſſe ſich in
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/617>, abgerufen am 21.11.2024.
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