Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Folgerung die er aus allem diesem zieht, ist
sodann, daß es unnütz sey, sich mit Verbesserung der
dioptrischen Fernröhre abzugeben, daß man sich viel-
mehr bloß an die katoptrischen halten müsse, wozu er
eine neue Vorrichtung ausgesonnen.

Diese ersten Confessionen und Behauptungen New-
tons wurden in jenem von uns angezeigten Briefe an
die königliche Societät der Wissenschaften gebracht, und
durch die Transactionen öffentlich bekannt. Sie sind
das erste was von Newtons Lehre im Publicum er-
scheint und uns in manchem Sinne merkwürdig, be-
sonders auch deshalb, weil die ersten Einwendungen
seiner Gegner vorzüglich gegen diesen Brief gerich-
tet sind.

Nun haben wir gesehen, daß sein Hauptfehler
darin bestanden, daß er jene Fragen, die sich haupt-
sächlich darauf beziehen: ob äußere Bedingungen bey
der Farbenerscheinung mitwirken? zu schnell und über-
eilt beseitigt und verneint, ohne auf die näheren Um-
stände genauer hinzusehen. Deswegen haben wir
ihm bey einigen Puncten völlig, bey andern zum Theil,
und abermals bey andern nicht widersprechen müssen
und können; und wir haben deutlich zu machen ge-
sucht, welche Puncte, und in wiefern sie haltbar sind
oder nicht. Widerstrebt nun einer seiner ersten Geg-
ner irrigerweise den haltbaren Puncten, so muß er
bey der Controvers verlieren, und es entsteht ein gu-
tes Vorurtheil für das Ganze; widerstrebt ein Gegner

Die Folgerung die er aus allem dieſem zieht, iſt
ſodann, daß es unnuͤtz ſey, ſich mit Verbeſſerung der
dioptriſchen Fernroͤhre abzugeben, daß man ſich viel-
mehr bloß an die katoptriſchen halten muͤſſe, wozu er
eine neue Vorrichtung ausgeſonnen.

Dieſe erſten Confeſſionen und Behauptungen New-
tons wurden in jenem von uns angezeigten Briefe an
die koͤnigliche Societaͤt der Wiſſenſchaften gebracht, und
durch die Transactionen oͤffentlich bekannt. Sie ſind
das erſte was von Newtons Lehre im Publicum er-
ſcheint und uns in manchem Sinne merkwuͤrdig, be-
ſonders auch deshalb, weil die erſten Einwendungen
ſeiner Gegner vorzuͤglich gegen dieſen Brief gerich-
tet ſind.

Nun haben wir geſehen, daß ſein Hauptfehler
darin beſtanden, daß er jene Fragen, die ſich haupt-
ſaͤchlich darauf beziehen: ob aͤußere Bedingungen bey
der Farbenerſcheinung mitwirken? zu ſchnell und uͤber-
eilt beſeitigt und verneint, ohne auf die naͤheren Um-
ſtaͤnde genauer hinzuſehen. Deswegen haben wir
ihm bey einigen Puncten voͤllig, bey andern zum Theil,
und abermals bey andern nicht widerſprechen muͤſſen
und koͤnnen; und wir haben deutlich zu machen ge-
ſucht, welche Puncte, und in wiefern ſie haltbar ſind
oder nicht. Widerſtrebt nun einer ſeiner erſten Geg-
ner irrigerweiſe den haltbaren Puncten, ſo muß er
bey der Controvers verlieren, und es entſteht ein gu-
tes Vorurtheil fuͤr das Ganze; widerſtrebt ein Gegner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0450" n="416"/>
            <p>Die Folgerung die er aus allem die&#x017F;em zieht, i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;odann, daß es unnu&#x0364;tz &#x017F;ey, &#x017F;ich mit Verbe&#x017F;&#x017F;erung der<lb/>
dioptri&#x017F;chen Fernro&#x0364;hre abzugeben, daß man &#x017F;ich viel-<lb/>
mehr bloß an die katoptri&#x017F;chen halten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wozu er<lb/>
eine neue Vorrichtung ausge&#x017F;onnen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e er&#x017F;ten Confe&#x017F;&#x017F;ionen und Behauptungen New-<lb/>
tons wurden in jenem von uns angezeigten Briefe an<lb/>
die ko&#x0364;nigliche Societa&#x0364;t der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gebracht, und<lb/>
durch die Transactionen o&#x0364;ffentlich bekannt. Sie &#x017F;ind<lb/>
das er&#x017F;te was von Newtons Lehre im Publicum er-<lb/>
&#x017F;cheint und uns in manchem Sinne merkwu&#x0364;rdig, be-<lb/>
&#x017F;onders auch deshalb, weil die er&#x017F;ten Einwendungen<lb/>
&#x017F;einer Gegner vorzu&#x0364;glich gegen die&#x017F;en Brief gerich-<lb/>
tet &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Nun haben wir ge&#x017F;ehen, daß &#x017F;ein Hauptfehler<lb/>
darin be&#x017F;tanden, daß er jene Fragen, die &#x017F;ich haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich darauf beziehen: ob a&#x0364;ußere Bedingungen bey<lb/>
der Farbener&#x017F;cheinung mitwirken? zu &#x017F;chnell und u&#x0364;ber-<lb/>
eilt be&#x017F;eitigt und verneint, ohne auf die na&#x0364;heren Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde genauer hinzu&#x017F;ehen. Deswegen haben wir<lb/>
ihm bey einigen Puncten vo&#x0364;llig, bey andern zum Theil,<lb/>
und abermals bey andern nicht wider&#x017F;prechen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und ko&#x0364;nnen; und wir haben deutlich zu machen ge-<lb/>
&#x017F;ucht, welche Puncte, und in wiefern &#x017F;ie haltbar &#x017F;ind<lb/>
oder nicht. Wider&#x017F;trebt nun einer &#x017F;einer er&#x017F;ten Geg-<lb/>
ner irrigerwei&#x017F;e den haltbaren Puncten, &#x017F;o muß er<lb/>
bey der Controvers verlieren, und es ent&#x017F;teht ein gu-<lb/>
tes Vorurtheil fu&#x0364;r das Ganze; wider&#x017F;trebt ein Gegner<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0450] Die Folgerung die er aus allem dieſem zieht, iſt ſodann, daß es unnuͤtz ſey, ſich mit Verbeſſerung der dioptriſchen Fernroͤhre abzugeben, daß man ſich viel- mehr bloß an die katoptriſchen halten muͤſſe, wozu er eine neue Vorrichtung ausgeſonnen. Dieſe erſten Confeſſionen und Behauptungen New- tons wurden in jenem von uns angezeigten Briefe an die koͤnigliche Societaͤt der Wiſſenſchaften gebracht, und durch die Transactionen oͤffentlich bekannt. Sie ſind das erſte was von Newtons Lehre im Publicum er- ſcheint und uns in manchem Sinne merkwuͤrdig, be- ſonders auch deshalb, weil die erſten Einwendungen ſeiner Gegner vorzuͤglich gegen dieſen Brief gerich- tet ſind. Nun haben wir geſehen, daß ſein Hauptfehler darin beſtanden, daß er jene Fragen, die ſich haupt- ſaͤchlich darauf beziehen: ob aͤußere Bedingungen bey der Farbenerſcheinung mitwirken? zu ſchnell und uͤber- eilt beſeitigt und verneint, ohne auf die naͤheren Um- ſtaͤnde genauer hinzuſehen. Deswegen haben wir ihm bey einigen Puncten voͤllig, bey andern zum Theil, und abermals bey andern nicht widerſprechen muͤſſen und koͤnnen; und wir haben deutlich zu machen ge- ſucht, welche Puncte, und in wiefern ſie haltbar ſind oder nicht. Widerſtrebt nun einer ſeiner erſten Geg- ner irrigerweiſe den haltbaren Puncten, ſo muß er bey der Controvers verlieren, und es entſteht ein gu- tes Vorurtheil fuͤr das Ganze; widerſtrebt ein Gegner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/450
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/450>, abgerufen am 04.05.2024.