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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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"Und so glaub' ich, ist deutlich genug, warum
verschiedene Körper, nach der verschiedenen Tinctur des
Schwefels, sich auf eine verschiedene Weise gefärbt
sehen lassen, und ich hoffe, hier werden mir die Chemi-
ker nicht entgegen seyn, die, ob sie gleich, wie über-
haupt, also auch von den Farben, sehr verworren und
räthselhaft sprechen, doch nicht viel von dem, was wir
bisher ausgesprochen, abzuweichen scheinen."

Sieben und zwanzigstes Kapitel.
Wie die apparenten Farben erzeugt werden.

"Nun ist aber eine andere Frage zu beantworten,
welche verwickelter und schwerer ist: woher nämlich
die Farben kommen, welche von ihren Körpern gewis-
sermaßen abgesondert sind, welche man die apparenten
nennt, wie die Farben des Regenbogens, der Morgen-
röthe und die, welche durch gläserne Prismen sich aus-
breiten. Aus dem, was wir gesagt haben, erhellt, wie
mich dünkt, genugsam, daß die Flamme jederzeit der
Farbe des Schwefels folgt und alle Farben zuläßt, au-
ßer dem Schwarzen und dem völlig Weißen. Denn
der Schwefel enthält wohl die beyden Farben, aber
eigentlich in der Flamme können sie nicht seyn. Weiß
zwar erscheinen zarte Flämmchen; wenn sie es aber
vollkommen wären, und nicht noch etwas von anderer
Farbe zugemischt hätten, so wären sie durchsichtig und
würden kein Licht oder ein sehr schwaches verbreiten.
Daß aber eine Flamme schwarz sey, ist gegen die Ver-
nunft und gegen die Sinne."

„Und ſo glaub’ ich, iſt deutlich genug, warum
verſchiedene Koͤrper, nach der verſchiedenen Tinctur des
Schwefels, ſich auf eine verſchiedene Weiſe gefaͤrbt
ſehen laſſen, und ich hoffe, hier werden mir die Chemi-
ker nicht entgegen ſeyn, die, ob ſie gleich, wie uͤber-
haupt, alſo auch von den Farben, ſehr verworren und
raͤthſelhaft ſprechen, doch nicht viel von dem, was wir
bisher ausgeſprochen, abzuweichen ſcheinen.“

Sieben und zwanzigſtes Kapitel.
Wie die apparenten Farben erzeugt werden.

„Nun iſt aber eine andere Frage zu beantworten,
welche verwickelter und ſchwerer iſt: woher naͤmlich
die Farben kommen, welche von ihren Koͤrpern gewiſ-
ſermaßen abgeſondert ſind, welche man die apparenten
nennt, wie die Farben des Regenbogens, der Morgen-
roͤthe und die, welche durch glaͤſerne Prismen ſich aus-
breiten. Aus dem, was wir geſagt haben, erhellt, wie
mich duͤnkt, genugſam, daß die Flamme jederzeit der
Farbe des Schwefels folgt und alle Farben zulaͤßt, au-
ßer dem Schwarzen und dem voͤllig Weißen. Denn
der Schwefel enthaͤlt wohl die beyden Farben, aber
eigentlich in der Flamme koͤnnen ſie nicht ſeyn. Weiß
zwar erſcheinen zarte Flaͤmmchen; wenn ſie es aber
vollkommen waͤren, und nicht noch etwas von anderer
Farbe zugemiſcht haͤtten, ſo waͤren ſie durchſichtig und
wuͤrden kein Licht oder ein ſehr ſchwaches verbreiten.
Daß aber eine Flamme ſchwarz ſey, iſt gegen die Ver-
nunft und gegen die Sinne.“

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[302/0336] „Und ſo glaub’ ich, iſt deutlich genug, warum verſchiedene Koͤrper, nach der verſchiedenen Tinctur des Schwefels, ſich auf eine verſchiedene Weiſe gefaͤrbt ſehen laſſen, und ich hoffe, hier werden mir die Chemi- ker nicht entgegen ſeyn, die, ob ſie gleich, wie uͤber- haupt, alſo auch von den Farben, ſehr verworren und raͤthſelhaft ſprechen, doch nicht viel von dem, was wir bisher ausgeſprochen, abzuweichen ſcheinen.“ Sieben und zwanzigſtes Kapitel. Wie die apparenten Farben erzeugt werden. „Nun iſt aber eine andere Frage zu beantworten, welche verwickelter und ſchwerer iſt: woher naͤmlich die Farben kommen, welche von ihren Koͤrpern gewiſ- ſermaßen abgeſondert ſind, welche man die apparenten nennt, wie die Farben des Regenbogens, der Morgen- roͤthe und die, welche durch glaͤſerne Prismen ſich aus- breiten. Aus dem, was wir geſagt haben, erhellt, wie mich duͤnkt, genugſam, daß die Flamme jederzeit der Farbe des Schwefels folgt und alle Farben zulaͤßt, au- ßer dem Schwarzen und dem voͤllig Weißen. Denn der Schwefel enthaͤlt wohl die beyden Farben, aber eigentlich in der Flamme koͤnnen ſie nicht ſeyn. Weiß zwar erſcheinen zarte Flaͤmmchen; wenn ſie es aber vollkommen waͤren, und nicht noch etwas von anderer Farbe zugemiſcht haͤtten, ſo waͤren ſie durchſichtig und wuͤrden kein Licht oder ein ſehr ſchwaches verbreiten. Daß aber eine Flamme ſchwarz ſey, iſt gegen die Ver- nunft und gegen die Sinne.“

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/336>, abgerufen am 25.11.2024.