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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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indem wir sie als den Gegenständen angehörig den-
ken konnten. Die ersten nannten wir physiologi-
sche, die zweyten physische, die dritten chemische
Farben. Jene sind unaufhaltsam flüchtig, die an-
dern vorübergehend, aber allenfalls verweilend, die
letzten festzuhalten bis zur spätesten Dauer.

Indem wir sie nun in solcher naturgemäßen
Ordnung, zum Behuf eines didaktischen Vortrags,
möglichst sonderten und aus einander hielten, ge-
lang es uns zugleich, sie in einer stetigen Reihe
darzustellen, die flüchtigen mit den verweilenden
und diese wieder mit den dauernden zu verknüpfen,
und so die erst sorgfältig gezogenen Abtheilungen
für ein höheres Anschauen wieder aufzuheben.

Hierauf haben wir in einer vierten Abtheilung
unserer Arbeit, was bis dahin von den Farben un-
ter mannigfaltigen besondern Bedingungen bemerkt
worden, im Allgemeinen ausgesprochen und dadurch
eigentlich den Abriß einer künftigen Farbenlehre
entworfen. Gegenwärtig sagen wir nur so viel vor-
aus, daß zur Erzeugung der Farbe Licht und Fin-
sterniß, Helles und Dunkles, oder, wenn man sich
einer allgemeineren Formel bedienen will, Licht und
Nichtlicht gefordert werde. Zunächst am Licht ent-

indem wir ſie als den Gegenſtaͤnden angehoͤrig den-
ken konnten. Die erſten nannten wir phyſiologi-
ſche, die zweyten phyſiſche, die dritten chemiſche
Farben. Jene ſind unaufhaltſam fluͤchtig, die an-
dern voruͤbergehend, aber allenfalls verweilend, die
letzten feſtzuhalten bis zur ſpaͤteſten Dauer.

Indem wir ſie nun in ſolcher naturgemaͤßen
Ordnung, zum Behuf eines didaktiſchen Vortrags,
moͤglichſt ſonderten und aus einander hielten, ge-
lang es uns zugleich, ſie in einer ſtetigen Reihe
darzuſtellen, die fluͤchtigen mit den verweilenden
und dieſe wieder mit den dauernden zu verknuͤpfen,
und ſo die erſt ſorgfaͤltig gezogenen Abtheilungen
fuͤr ein hoͤheres Anſchauen wieder aufzuheben.

Hierauf haben wir in einer vierten Abtheilung
unſerer Arbeit, was bis dahin von den Farben un-
ter mannigfaltigen beſondern Bedingungen bemerkt
worden, im Allgemeinen ausgeſprochen und dadurch
eigentlich den Abriß einer kuͤnftigen Farbenlehre
entworfen. Gegenwaͤrtig ſagen wir nur ſo viel vor-
aus, daß zur Erzeugung der Farbe Licht und Fin-
ſterniß, Helles und Dunkles, oder, wenn man ſich
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[XLI/0047] indem wir ſie als den Gegenſtaͤnden angehoͤrig den- ken konnten. Die erſten nannten wir phyſiologi- ſche, die zweyten phyſiſche, die dritten chemiſche Farben. Jene ſind unaufhaltſam fluͤchtig, die an- dern voruͤbergehend, aber allenfalls verweilend, die letzten feſtzuhalten bis zur ſpaͤteſten Dauer. Indem wir ſie nun in ſolcher naturgemaͤßen Ordnung, zum Behuf eines didaktiſchen Vortrags, moͤglichſt ſonderten und aus einander hielten, ge- lang es uns zugleich, ſie in einer ſtetigen Reihe darzuſtellen, die fluͤchtigen mit den verweilenden und dieſe wieder mit den dauernden zu verknuͤpfen, und ſo die erſt ſorgfaͤltig gezogenen Abtheilungen fuͤr ein hoͤheres Anſchauen wieder aufzuheben. Hierauf haben wir in einer vierten Abtheilung unſerer Arbeit, was bis dahin von den Farben un- ter mannigfaltigen beſondern Bedingungen bemerkt worden, im Allgemeinen ausgeſprochen und dadurch eigentlich den Abriß einer kuͤnftigen Farbenlehre entworfen. Gegenwaͤrtig ſagen wir nur ſo viel vor- aus, daß zur Erzeugung der Farbe Licht und Fin- ſterniß, Helles und Dunkles, oder, wenn man ſich einer allgemeineren Formel bedienen will, Licht und Nichtlicht gefordert werde. Zunaͤchſt am Licht ent-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. XLI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/47>, abgerufen am 26.04.2024.